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– Teil I: Cologne 2 Japan –

 


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2015

Japan, 10.11.: Willkommen und Abschied

Nach drei Monaten lotterigen Junggesellendaseins steht nun bald der Besuch der First Lady an. Dies erfordert nicht nur eine Intensivierung der Körperpflege, sondern auch die Organisation der Krad-Verschiffung. Zwar verstehen die beiden sich erfreulich gut, ich könnte aber wertvolle Reisezeit in Südamerika gewinnen, wäre das Mopped bereits auf dem Schiff, während wir noch Japan-Sightseeing im Pärchenmodus machen.

Und so versuche ich mich in den Wochen vor der Wiedervereinigung als mein eigener Sekretär und bringe durch täglichen Schriftverkehr mit drölf verschiedenen Frachtunternehmen meinen elektronischen Briefkasten zum Glühen, bis sich endlich ein passendes Angebot findet.

 

Es scheint eine Art tobistisches Naturgesetz zu sein, dass es, egal wie früh ich mit den Planungen beginne, am Ende doch wieder knapp wird. Auch diesmal muss ich meine Tageskilometer deutlich hochschrauben, um es rechtzeitig zu den Terminen mit Zoll- und Hafenbehörden zu schaffen.

 

Als diabolistisches Naturgesetz könnte man wiederum bezeichnen, dass in genau solchen Situationen Dinge passieren, die man so gar nicht gebrauchen kann.

So begibt es sich, dass – während ich zufrieden die schon gefahrene Tagesstrecke zusammenrechne – die Hinterradbremse unvermittelt ihren Dienst quittiert. Auch das Wehwehchen temporärer Bremsschwäche tragen wir schon seit der Mongolei mit uns herum, weshalb ich zunächst noch sehr entspannt bin. Das ändert sich, als ich anhalte, um das vermeintlich kleine Problem zu beheben.

Was sich mir beim Blick auf die Bremse darbietet, ist mit etwas DOT 4 und einem Schraubenschlüssel nicht mehr zu reparieren: die Scheibe verformt, die Beläge gebrochen, der Zylinder zerstört. Seelenruhig tropft die letzte Bremsflüssigkeit auf den Asphalt.

 

Ich zerbreche mir den Kopf darüber, wie zur Hölle das passieren konnte und was jetzt zu tun ist. Kurz setze ich dazu an, das Rad auszubauen, erkenne aber schnell die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens. Also fische ich lediglich die lockeren Metallteile aus dem Schlachtfeld der ehemaligen Verzögerung und sattle wieder auf. Wissend, dass eine spontane Vollbremsung unweigerlich zum Crash führen würde, lege ich die letzten 400 Kilometer bis zum hafennahen Guest House verdammt vorsichtig zurück.

 

Alles geht gut und nach kurzer Nacht rollen Mopped und ich morgens im Hafen von Sakaiminato ein, von wo aus die erste Reiseetappe per Autofähre starten soll. Die Formalitäten sind überraschenderweise zügig erledigt, jetzt muss ich nur noch schnell das Benzin loswerden. So verlangt es der Cargo-Agent, der auf koreanischer Seite wartet, um das Krad in eine Kiste zu packen und aufs Frachtschiff nach Chile zu laden.

Der Chef der Fährgesellschaft bietet sich selbstlos an, mir den Kraftstoff abzunehmen und verlangt noch nicht einmal was dafür. Leider klemmt sein Tankdeckel, sodass der Deal gefährdet scheint. Das aber will sich der Boss nicht gefallen lassen. Nach längerer Fummelei bestimmt er, dass schwereres Gerät her müsse – und lässt sich eine Brechstange reichen. Das bringt tatsächlich etwas. Und zwar tiefe Kratzer im Lack sowie Beulen im Deckel.

 

Man könnte Mitleid mit dem Mann haben, würde er nicht so übertrieben zu Schau stellen, dass er genau weiß, was er tut. Lachen darf ich aber auch nicht, schließlich übergebe ich mein geliebtes Krad in seine Obhut. Als ein weiterer Mitarbeiter vorbei geschlendert kommt, kann ich das Pokerface allerdings nicht mehr lange aufrechterhalten. Man könne es doch mal auf der anderen Seite des Deckels probieren, sagt er trocken, und lässt ihn mit einer unscheinbaren Bewegung des Zeigefingers aufschnellen. Ich drehe mich unverzüglich um und haste einige Schritte in die entgegengesetzte Richtung, damit mein Kichern nicht allzu laut zu hören ist.

 

Es folgt die Zollinspektion – gründlich, aber wohlwollend – und der wohl komplizierteste Akt des Tages: die Reorganisation des Gepäcks. Was ich in den nächsten drei Wochen brauche und was nicht, will wohlüberlegt sein.

Zwar kann ich recht viel Geschrabbel in den Koffern lassen und mit auf die Reise schicken, dennoch bleibt ein großer Berg von Taschen und Tüten, die ich ab jetzt schön selbst tragen darf. Und so bin ich nicht nur emotional geknickt, als ich schließlich vom Gelände schlurfe und das Mopped zurücklassen muss.

 

Die folgenden Tage fühlen sich irgendwie falsch an. Zum schnöden Füßling degradiert, bin ich gezwungen, auf öffentliche Verkehrsmittel zurückzugreifen und leide nach wie vor unter der unheiligen Allianz zwischen dem Gewicht meines Hausstands und dem durch ewiges Sitzen aufgetretenen Muskelschwund.

 

Im Laufe der folgenden Tage gewöhne ich mich jedoch schrittweise an das mir auferlegte Los, entdecke den unschätzbaren Wert von Schließfächern zum Ballastabwurf und lerne den Umstand zu schätzen, der Landschaft um mich herum jetzt deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen zu können als dem Straßenverkehr. 

Nach der langersehnten Ankunft meiner Dame in Tokio gönnen wir uns immerhin einen Mietwagen, sodass ich den ÖPNV-Quatsch hinter mir lassen kann und mich wieder etwas freier fühle.

 

Gemeinsam erfahren wir Teile der Insel, die ich noch nicht besuchen konnte, und zwischendurch vergesse ich sogar den Trennungsschmerz meiner Zweitbeziehung.

Der kommt umso stechender zurück, als am Fuße des Mount Fuji stehen. Ich hatte leichtfertig versprochen, dass ich diese Region umkurve, bis wir uns diesen fulminanten Ausblick gemeinsam anschauen können. Nun aber Horden von Motorradfahrern hinterhersehen zu müssen, die bei strahlendem Sonnenschein an uns vorbei brettern, ist wirklich nur schwer zu ertragen.

 

Ich frage mich wiederholt, wie in aller Welt ich mich darauf einlassen konnte. Dann aber schaue zu der hübschen Frau auf dem Beifahrersitz hinüber und denke still bei mir, dass das wohl diese „Liebe“ sein muss, von der alle reden.

 

Japan, 20.10.: Haltlose Zustände

Alle 5 Sekunden starre ich auf meinen Bordcomputer. Ich bin auf Hokkaido unterwegs, der nördlichsten der Japanischen Inseln, und versuche, ihn allein durch meiner Blicke Zauberkraft zum Umspringen zu bewegen. Er zeigt sich unbeeindruckt und lässt sich jetzt besonders viel Zeit.

 

Noch drei, noch zwei, noch einen, noch einen, immer noch… Ha! Da steht sie, die magische Zahl. 29999. Damit hat das tapfere Krad mich kernige zwanzigtausend Kilometer durch die Gegend getragen. Und obwohl zwei, drei davon echte Plackerei waren, sind größere Probleme bisher ausgeblieben.

 

Ich grinse voller Stolz vor mich hin und bin gleichzeitig darüber belustigt, welchen Einfluss eine simple Zahlenreihe auf meine Gefühlslage haben kann.

 

Noch eine 9 später ist mein Höhenflug aber auch schon wieder beendet, als meine linke Hand plötzlich ins Leere greift. Kupplung? Fehlanzeige. Gut, ich musste die Gänge seit einiger Zeit mit Nachdruck zum einrasten bewegen… Jaaa, der Kupplungshebel ist in den letzten Tagen immer schlaffer geworden; das soll im Alter schon mal vorkommen. Und sicher, eine gewisse ölige Inkontinenz des Geberzylinders war mir schon in Ulan Bator aufgefallen. Aber dort waren weder Dichtungen noch das richtige Öl aufzutreiben gewesen. Was hätte ich also tun sollen?

Die Vernachlässigung meiner Sorgfaltspflicht direkt mit einem Totalausfall abzustrafen, finde ich jetzt übertrieben.

Insbesondere irgendwo im ländlichen Nirgendwo und – natürlich – beim Einbruch der Dämmerung. Glücklicherweise bin ich unweit einer Weide liegen geblieben. Ich  schiebe das Mopped also aufs Grün und vertreibe mir die Zeit bis zum Einschlafen mit Frieren und dem Studium des Ökosystems Güllewiese.

 

Am nächsten Morgen muss eine Entscheidung her. Ungefähr 40 Kilometer vor meiner Zwangspause hatte ich eine Werkstatt gesehen. Das sollte irgendwie schaffbar sein. Allerdings gibt es in Sapporo, der größten Stadt der Insel, tatsächlich einen KTM-Händler, der im Zweifelsfall schneller an Ersatzteile kommen dürfte. Blöd nur, dass die Millionenmetropole über 200 Kilometer weit entfernt liegt.

Davon kann man jedoch den Großteil über einen „Express Way“ zurücklegen. Das bedeutet zwar, dass ich tief in die Tasche greifen muss, um die gierigen Mautzöllner zu bedienen, aber auch, dass ich lange vor mich hin tuckern kann, ohne schalten zu müssen.

Unter leisem Fluchen entscheide ich mich für die Marathonvariante, unsicher, ob das wirklich so schlau ist.


Was sich in den folgenden drei Stunden abspielt, bewegt sich irgendwo zwischen Himmelfahrtskommando und Slapstick-Performance. Das Schalten an sich ist dabei weniger das Problem – auch wenn es mir jedes Mal körperliche Schmerzen bereitet, wenn ich die Gänge mit Gewalt reindrücken muss.

Eine echte Herausforderung ist hingegen das Anfahren. Ist der Leerlauf irgendwie reingefriemelt, gilt es, so viel Schwung zu holen, dass der Motor nicht abstirbt, wenn ich den Hebel nach unten trete. Nun ist das Krad aber so schwer, dass dieses Manöver an Steigungen gar nicht und in der Waagerechten nur mit einem Gestrampel zu bewältigen ist, das an die verzweifelten Zuckungen eines ertrinkenden Käfers erinnert.  

 

Wie erwartet, sind insbesondere die letzten Kilometer im sapporischen Stadtverkehr nervenaufreibend. Während der zahlreichen Rotphasen versuche ich, um jeden Preis im Rollen zu bleiben, was zum ein oder anderen illegalen Fahrmanöver führt; und dazu, dass ich es mir mit sämtlichen anderen Verkehrsteilnehmern verscherze.

So bin ich vermutlich nicht einzige, der aufatmet, als ich endlich am orangen Firmenschild zum Stehen komme.

 

Ich werde freundlich empfangen, allerdings mehrfach weitergereicht, bis jemand versteht, was mein Problem ist. Der Herr vor mir ist mir trotz aller Höflichkeit suspekt. Irgendwas stimmt nicht mit diesem Kerl. Als mein Blick auf sein Brustpatch fällt, zucke ich zusammen und begreife. „BMW“ steht da. Na großartig. Der Feind. Eingeschlichen aus dem Nachbarladen. Was soll´s, im Ernstfall kann man sich seine Bündnispartner nicht immer aussuchen.

Er dolmetscht auch recht flüssig zwischen dem KTM-Mechaniker und mir, aber schon die ersten Sätze gefallen mir nicht. Tja, die Teile müsse man wohl bestellen. In Österreich. Dasss könne natürlich dauern. 10 Tage etwa. Auf meinen Einwurf, zu dieser Zeit wäre ich gerne schon längst wieder auf der Hauptinsel, um das Mopped zu verschiffen, entgegnet der Blauweiße trocken, da müsse ich meinen Zeitplan wohl „anpassen“.

 

Während ich noch die Mimik eines Wiederkäuers imitiere, verschwindet der Mechaniker lautlos und taucht kurz darauf wieder auf. In seiner Hand ein Plastikbeutel mit mutmaßlich genau den Teilen, die meine Kupplung wieder ganz dicht machen können. Jetzt geht plötzlich alles ganz schnell: Vielleicht könne er morgen schon zur Reparatur schreiten, heißt es. Kurze Pause… „Oder vielleicht jetzt“.

 

Keine halbe Stunde später ist der Hebel wieder so stramm wie russische Matrosen auf Landgang und ich überglücklich.


Erst im Nachhinein erfahre ich, welche Rettungsaktion währenddessen im Hintergrund angelaufen ist. Chris und Yoshi, zwei Moppedreisende aus Nagano, die mich kurz nach meiner Einreise eingeladen und unglaublich herzlich aufgenommen hatten, haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um mir zu helfen.  

 

Dass Yoshi dabei sogar seinen Bekannten, den Präsidenten von KTM Japan, ins Boot geholt hat, halte ich anfangs noch für einen Scherz, ist aber wahr. Und lässt mich zum allerersten Mal eine Gemeinsamkeit zwischen Japanern und Russen erkennen: So distanziert der Erstkontakt auch sein mag, einmal als Freunde gewonnen, kann man sich ihrer Hilfe zu hundert Prozent gewiss sein.


Japan, 08.10.: Unkonventionelle Einreise

Die Fahrt mit der Fähre nach Japan hat mich völlig fertig gemacht. Schuld waren nicht der Wellengang oder mieses Essen, sondern die lieben Mitreisenden. Drei Russen, zwei Deutsche und ein Japaner teilen sich eine Kajüte… Was wie der Anfang eines schlechten Witzes klingt, hat in einer verheerenden letzten Nacht geendet.

 

Nach kurzer Kennenlernphase ging es zu wie auf einer Klassenfahrt. Dabei war es amüsant zu beobachten, dass wir alle irgendwie unseren nationalen Klischees gerecht wurden:

Die Russen zunächst schweigsam und so mürrisch, dass man allen Mut zusammen nehmen musste, sie anzusprechen. Einmal aufgetaut, wurden sie aber so herzlich, als würden wir uns schon seit Kindertagen kennen und hätten am Ende neben ihrem schier endlosen Proviant vermutlich auch ihr letztes Hemd mit uns geteilt.

 

Der Japaner, ebenfalls eine Karikatur seiner selbst, stieß bei jeder Gelegenheit „Oooh!“- und „Aaah!“-Laute aus, die Loius de Funès zur Ehre gereicht hätten und war derart zuvorkommend und höflich, dass es fast weh tat. 

 

Nun und wir Deutschen… Außenstehende hätten uns vermutlich ungehörig lärmendes Verhalten vorgeworfen. Dabei waren wir allein um gute Stimmung bemüht.

 

Und so sorgten die Russen für ein zünftiges Abendessen, der Japaner für lustige Geräusche und wir für ausgefeilte Ideen zur Abendgestaltung. Es wurde getrunken, gesungen, getrunken und musiziert, wobei wir mangelndes Taktgefühl durch Lautstärke und eine recht exotische Wahl der Instrumente kompensierten. Neben Tischen, Stühlen und dem Bordgrill wurde schließlich auch das Schiff selbst als Klangkörper genutzt.  

Den Höhepunkt bildete die feierliche Übergabe einer Flaschenpost an das japanische Meer. Rückblickend bete ich dafür, dass etwaiges Bildmaterial sowie der Flascheninhalt verschollen bleiben.

 

Am nächsten Morgen muss der Besatzung ein Fehler unterlaufen sein, denn sie legt viel zu früh in Japan an. In unserer Kabine bricht Hektik aus, eilig werden die Sachen zusammengerafft, Hände geschüttelt und dann trabt jeder seines Weges.

 

Für die erste Nacht habe ich ein Bett in einem Guest House gemietet und freue mich jetzt darauf, ganz entspannt anzukommen, auszukatern und die Umgebung zu erkunden. Die Rechnung habe ich jedoch ohne die Hafenbürokraten gemacht.

Bis alles ordnungsgemäß desinfiziert, inspiziert, der Führerschein translatiert und das Carnet authentifiziert, kopiert und per Stempel markiert ist, vergehen satte sieben Stunden. Zum Glück bin ich dabei nicht alleine, sondern kann mit zwei britischen Motorradeinreisenden hin und wieder zynische Witze oder entnervte Blicke austauschen. Am Schluss dürfen die beiden noch eine Versicherung für ihre Moppeds abschließen, bei mit heißt es lediglich: „iiimpossible!“.

 

Dass ich mit einem in Deutschland zugelassenen Fahrzeug nicht legal würde in Japan unterwegs sein können, wusste ich vorher. Der Grund ist  schlicht und ergreifend, dass die beiden Länder nicht dieselbe Straßenverkehrskonvention unterzeichnet haben.

Das Ergebnis ist für mich ärgerlich, in seiner Beklopptheit aber wieder charmant: Ein Motorrad aus Ghana, Burkina Faso oder dem Vatikanstaat darf rein, einem Mopped mit deutschem Nummernschild wird die Einreise jedoch verwehrt. Und das auch dann, wenn es sich um eine heimwehgeplagte Honda, Yamaha, Suzuki, oder Kawasaki handelt.

 

Den Herren der Fährgesellschaft ist es zwar im Prinzip Hupe, ob ich das Motorrad in Japan fahre oder durch die Reisfelder schiebe, trotzdem werde ich mehrmals ermahnt, bloß nicht aufzufallen, nicht falsch zu parken und mich peinlich genau an die Höchstgeschwindigkeit zu halten. Da hier auch außerorts selten mehr als 50 Km/h erlaubt sind, eine ganz spezielle Herausforderung.

Ich war von Anfang an bereit, das Risiko in Kauf zu nehmen. Trotzdem hatte ich gehofft, an eine Versicherung zu kommen, um die Ordnungshüter im Falle einer Kontrolle mit möglichst vielen Dokumenten blenden zu können.

 

Sei´s drum. So platt ich auch bin, als ich endlich vom Hafengelände rollen darf, sind mir Papiere herzlich egal und ich genieße das Hochgefühl, wirklich und wahrhaftig auf japanischem Boden zu rollen. In den Jubel mischt sich allerdings auch eine leichte Nervosität ob des ungewohnten Status eines illegalen Einwanderers.

Verstärkt wird der Nervenkitzel durch die Tatsache, dass ich die nächsten 80 Kilometer bis zum Guest House in der Dunkelheit zurücklegen darf. Im Linksverkehr. Und in einem nur schwer bis gar nicht zu entziffernden Schilderwald.


Wirklich um Fassung ringen muss ich allerdings, als ich mich der ersten Baustelle nähere. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder mich fürchten soll, jeden Moment einem epileptischem Anfall zu erliegen. Es blitzt und blinkt bunter und heller als auf der Bergheimer Dorfkirmes, Männer in adretten Uniformen schwenken Fahnen und fuchteln mit Leuchtstäben herum, auf die jeder Jedi-Ritter neidisch wäre. Gesichert wird der gesamte Bereich durch eine lange Reihe von – ich lüge nicht! – rosa Plastikhäschen.

Unter dem Einfluss der falschen Drogen sollte man sich diesem Anblick auf gar keinen Fall aussetzen. Mit erweitertem Bewusstsein dürfte man binnen weniger Sekunden den Verstand verlieren.

 

Ich aber widerstehe dem Sog der Farben und flüchte mich mit letzter mentaler Kraft ins Guest House. Dort werde ich statt der geplanten einen Nacht drei Tage brauchen, bis ich mich erholt habe und wieder vor die Türe traue.

Russland, 20.09.: Bruderschaft Ost

Wladiwostok rückt näher. Etwa 600 Kilometer davor finden wir am Straßenrand einen Chopperfahrer, der seine Maschine übel zugerichtet hat. Er muss eben gestürzt sein. Warum, verstehen wir nicht so ganz. Neben vielen klaffenden Wunden im Chrom hat vor allem der Motorblock gelitten. Durch einen notdürftigen Verband sickert das schwarze Blut. Der Fahrer hingegen scheint unverletzt und will sich partout nicht von uns helfen lassen. Bevor er uns vehement weiterwinkt, können wir ihm nur entlocken, dass er in den nächstgrößeren Ort Luchegorsk möchte.

 

Auf dem Weg dorthin wundern wir uns über einen rasanten Anstieg der Bikerdichte. Waren es in den letzten zwei Wochen höchstens eine Handvoll größerer Motorräder, die wir gesichtet haben, überholt uns hier plötzlich eines nach dem anderen. Meist Chopper und Reiseenduros.

 

Bryn und ich sind beide ziemlich kluk und schlussfolgern daher messerscharf, dass irgendwo in der Gegend ein Treffen stattfinden muss. Wir durchqueren Luchegorsk also mit Adlerblick, finden aber keine weiteren Indizien. Einmal mit den Membern eines russischen MCs zwei, drei Wässerchen weg zu schnüffeln, wäre aber schon verdammt cool und so beschließen wir am Ortsausgang, umzukehren und noch einmal genauer hinzuschauen.

Wir haben Glück und treffen vor einem Truckstopp wieder auf den Bruchpiloten, diesmal in Begleitung seiner Freunde, die den Schaden bestaunen. Sie wollen tatsächlich zu einem Bikertreffen und laden uns sofort ein, uns ihnen anzuschließen. Bingo!

 

Die Fahrt führt uns noch einige Kilometer durch´s Hinterland. Zeit genug, um ein paar Zweifel daran wachsen zu lassen, ob dieser Abstecher wirklich eine so gute Idee ist. Schließlich haben wir keine Ahnung, was uns am Ende der immer schlechter werdenden Straße erwartet und sind außerdem heiß darauf, endlich das Meer zu erreichen.

 

Am Tor des Partygeländes empfängt man uns mit Maschinengewehren und bösen Blicken. Die weichen jedoch sofort lautem Lachen und man flößt uns den ersten Willkommensschnaps ein. Kaum von den Motorrädern gestiegen, werden wir auch schon in Beschlag genommen und in die ehrenwerte Gesellschaft eingeführt. Einen derart herzlichen Empfang habe ich nicht erwartet und selten erlebt. Wir können uns der kulinarischen wie liquiden Zuwendung kaum erwehren und fühlen uns direkt sauwohl.

 

Das Abendprogramm ist dem auf deutschen Treffen sehr ähnlich und somit nichts anderes als ein feuchtfröhlicher Spieleabend für Männer. Jeder darf mal mit der AK 47 auf imaginäre Feinde feuern, es gibt Heuwagenrennen, Baumscheibenweitwurf und Trinkspiele in vielfältiger Variation.

Mit einer Mischung aus Amüsement und Entsetzen beobachte ich dabei, wie auch die harten Kerle – jeder mit massivem Messer am Gürtel – gelegentlich nach dem Trinken das Gesicht verziehen oder den Schnaps sogar heimlich wegkippen. DAS hätte es in der Heimat nicht gegeben.

Und noch ein Vorurteil bleibt unbestätigt: Statt Skepsis oder Ablehnung erfahren wir fast ausschließlich Sympathiebekundungen. Nur ein Typ grummelt etwas Abfälliges in meine Richtung, als er meine Herkunft erfährt, wird aber sofort von allen Umstehenden zusammengefaltet und ist danach äußerst handzahm.

 

Je später der Abend, desto ausschweifender die Schwüre auf ewige Bruderschaft zwischen Russ- und Deutschland. Auch wenn der Alkohol sicherlich zum Überschwang beiträgt, ist klar: die meinen das hier genau so, wie sie es sagen. Dass sowas nach Zeiten des erbarmungslosen Krieges heute wieder möglich ist, finde ich ergreifend, als ich darüber nachdenke.

Edward, dessen Patch ihn als „Präsident der Bruderschaft Ost“ ausweist, lädt uns sogar ein, bei ihm in Wladiwostok zu wohnen. Was ich an diesem Abend noch für eine Floskel halte, erweist sich als ein absoluter Glücksfall.

 

Am nächsten Morgen bekräftigt er seine Einladung, so dass ich zwar immer noch nicht so recht daran glaube, seine Wohnung auch tatsächlich zu finden, aber das Navi zumindest mal mit deren Koordinaten füttere.

Nach 500 verkaterten Kilometern kommen wir endlich am Ende des Kontinents und damit an einem der ganz großen Ziele meiner Tour an. Über eine gewaltige Brücke fahren wir in die Stadt ein. Riesig, unter einer Autolawine fast erstickend, aber doch überraschend modern und wunderschön am Pazifik gelegen. Es fühlt sich völlig unwirklich an, leibhaftig hier zu sein, und Glückshormone ertränken den Kater.

 

Die Koordinaten der Wohnung sind korrekt und als wir schließlich an Edwards Türe klopfen, empfangen er und seine Familie uns mit warmem Essen und Konterwhiskey.

Statt einem bleiben wir alle drei Tage bis zur Abfahrt der Fähre Richtung Japan. Währenddessen hilft Edward uns in so vielen wichtigen Dingen – vom Werkstattbesuch bis zur Zollbehörde – dass es uns schon unangenehm ist, und wir hoffen, uns eines Tages revanchieren zu können. Die Bruderschaft Ost hat jedenfalls in kurzer Zeit eine deutliche Westerweiterung erfahren.

Russland, 18.09.: Wild Russia

Meine Zeit in der Mongolei neigt sich dem Ende zu und ich mache mich auf den Weg zur Grenze, um ein drittes Mal nach Russland einzureisen. Die letzte Etappe in diesem unfassbar großen Land soll mich ganz in den Süd-Osten führen, bis nach Wladiwostok. Von dort aus möchte ich mit der Fähre nach Japan schippern.

 

Ich habe während der Planungsphase viel darüber nachgedacht, ob ich diese Strecke tatsächlich fahren möchte oder das Krad nicht doch lieber schon in Ulan Bator in einen Flieger packe. Nicht nur die große Entfernung von fast 4000 Kilometern, auch der zu erwartende Wintereinbruch lassen die Route wenig attraktiv erscheinen. Daneben haben mir diverse Geschichten meines Krimrussen Oleg zu denken gegeben. Er sprach in Bezug auf diese Gegend immer vom „Wild Russia“ und wusste von Motorradreisenden zu berichten, die hier im wortwörtlichen Sinn auf der Strecke geblieben waren. So hatte einer angeblich den Fehler gemacht, sich mit Einheimischen anzulegen. Die hätten ihn dann nachts im Zelt besucht und die Sache durch die Neuinterpretation altbekannter Methoden der Gesprächsführung final ausdiskutiert: Schweige-Axt statt Rede-Stab.

Da das Wetter aber gut und das Mopped fit ist, entscheide ich mich, diese Schauergeschichten zu ignorieren. Zu attraktiv ist die Vorstellung, auch noch durch den Rest des Landes zu fahren, bis ich am Meer stehe und es nicht mehr weiter geht.

 

Mütterchen Russland bereitet mir diesmal einen frostigen Empfang. Wind, Regen und eisige Temperaturen lassen mich bald die Winterklamotten aus den Tiefen meines Gepäcks bergen. Aufmunterung bringt hingegen ein erfreulicher Zufall: Am ersten Morgen nach der Grenzquerung tuckert mir plötzlich Bryn über den Weg. Den trinkfesten Neuseeländer hatte ich bereits in Ulan Bator kennengelernt und dabei festgestellt, dass wir gemeinsame Freunde in Köln haben. Kurzerhand beschließen wir, einen Abstecher zum riesigen Baikalsee zu unternehmen und dann gemeinsam zur fernen Ostküste zu fahren.

Trotz des ungemütlichen Wetters freuen wir uns wie Lurche auf Lachgas, als wir endlich am Ufer des Baikals stehen. Schlaue Webseiten behaupten, er bilde das größte Süßwasserreservoir der Welt und tatsächlich ist er so gewaltig, dass er vom Ufer aus mehr meerig als seehaft anmutet.

 

Wir sind derart angetan von der Gegend, dass wir erst spät mit der Zeltplatzsuche beginnen. Wie gewohnt versuchen wir unser Glück im Wald ein gutes Stück abseits der nächsten Siedlung, um die Nacht möglichst unbemerkt und -gestört zu verbringen. Über morastige Waldwege schlagen wir uns bis zu einer kleinen Lichtung durch und inspizieren den Platz. Länger als gewöhnlich stapfen wir durch das nasskalte Buschwerk, ein Zeichen dafür, dass keiner von uns beiden so ganz zufrieden mit dem Platz ist. Zu gut ist er einsehbar, zu uneben der Boden und von irgendwoher weht Rauch durch die Bäume, der uns nur noch flach atmen lässt. Da es aber fast schon dunkel ist, nehmen wir diese Dinge in Kauf und errichten unser Lager.

 

Nach getaner Arbeit belohnen wir uns mit geistreicher Liquidität an der Sitzbankbar. Unser benzingetränkter Plausch wird jedoch jäh unterbrochen, als ein grelles Licht durch die Baumstämme scheint und näher kommt. Zunächst glauben wir noch, es mit einem fernen Auto zu tun zu haben und verdunkeln uns, doch das Licht bewegt sich so schnell und so geradlinig auf uns zu, dass es sich nur um eine Taschenlampe handeln kann. Da man uns ohnehin entdeckt hat, schalte ich mein Licht wieder an und gebe uns zu erkennen. Vor uns steht ein älterer Mann mit gegerbtem Gesicht und schmutziger Haut, bekleidet mit langem, fleckigem Mantel und alten Plastiksandalen. Als er mir seine Hand reicht, schwarz von Ruß und Erde, möchte ich nicht unfreundlich sein und ergreife sie – obwohl es mir widerstrebt.  

 

Er zeigt sich verwundert darüber, dass bei uns kein Feuer brennt und lädt uns ein, ihm zu seinem Zelt zu folgen. Seine Hand zeigt Richtung Rauch. Bryn spricht für uns beide, als er sagt: „Ähm, nein, ich denke, wir bleiben hier.“ Unser Besucher bleibt jedoch hartnäckig, beteuert, wir bräuchten uns keine Gedanken um unsere Sachen zu machen und akzeptiert unsere Entscheidung erst, als wir ihn zu mehreren Wodken einladen.

Nachdem er wieder verschwunden ist, stellen wir noch diverse Theorien auf, wer dieser Waldbewohner wohl gewesen sein mag, bis wir müde in unsere Zelte kriechen.


Ich reißverschließe gerade meine Haustür, da ertönen Stimmen. Ungläubig starre ich in die Nacht hinaus und entdecke – keine fünf Meter entfernt – drei dunkle Gestalten im Dickicht. Einer schickt sich an, ein Feuer zu schüren. Nur für Sekundenbruchteile ist eine lange Klinge zu erkennen. Hier hört der Spaß auf. „Bryn, da sind Menschen“, zische ich in die Dunkelheit hinter mir und greife automatisch nach dem Letzte-Hilfe-Inhalt meines Trinkrucksacks. Mit einem Messer in der rechten, CS-Gas in der linken Hand und der Stirnlampe auf dem Kopf schreite ich den Brandstiftern entgegen.

Plötzlich ist nur noch einer am Platz und zwar unser alter Bekannter. Die Klinge ist eine Säge und die schwingt er behände. Mit beachtlichem Geschick sowie Birkenrinde und Kiefernnadeln bringt er in so kurzer Zeit ein Feuer in Gang, dass ich nur staunen kann und das Verteidigungsprogramm herunter fahre. Wenn ich die Situation richtig deute – und das fällt mir im Moment schwer genug – soll das Feuer schlichtweg frierenden Fremden einen warmen Empfang bereiten.

 

Gegen diese Theorie spricht, dass Bryn plötzlich in betont beiläufiger Stimmlage aus dem Zelt heraus anmerkt, dass jemand um die Zelte schleiche. Ich leuchte den Wald um unseren Platz aus, doch es ist nichts zu sehen. Wie aus dem Nichts tauchen aus der entgegengesetzten Richtung doch zwei Männer auf, schwere Säcke über den Schultern, und steuern zielstrebig auf den Alten zu, um ihm deren Inhalt zu präsentieren. „Shopping!“ ruft er uns zu und nickt dabei eifrig. Natürlich.

Wir bedanken uns artig für das Feuer, geben ihm aber gleichzeitig zu verstehen, dass wir wirklich müde seien und schlafen müssten. Nachdem die drei abgezogen sind, ziehen wir uns abermals in die Zelte zurück. Weil es so kalt ist, darf mein Messer heute ausnahmsweise mit in den Schlafsack.

 

Am nächsten Morgen erfreuen wir uns erquicklicher Lebendigkeit und reißen lässig Scherze über das Nahmorderlebnis, sind aber insgeheim tatsächlich erleichtert. Kaum haben wir die Moppeds beladen, tauchen unsere Freunde wieder auf, diesmal wandern sie in größerer Sippe an uns vorbei, ausgestattet mit großen Rucksäcken, selbst gebastelt aus Eimern und Tüchern. Aus einem schaut ein Hundewelpe mit Kulleraugen in die Welt hinaus. „Für die Touristen“, erklärt sein Träger mit listigem Grinsen und reicht uns zum Abschied die Hand. Die Touristen… offenbar ist unsere Erscheinung mittlerweile so vagabundig, dass man uns nicht mehr zu dieser Kategorie zählt. Ich denke kurz darüber nach, was ich davon halten soll und beschließe dann, mich geschmeichelt zu fühlen. Als neues Member im erlesenen Club der Waldstreicher campt es sich sicherlich sicherer.

Mongolei, 06.09.: On Tour Off Road

Mongolei, 06.09.: Oleg zugelaufen

Olegs sind recht selten. 

Meinen habe ich durch Zufall mit einer Reifenpanne am Straßenrand gefunden. Als wir feststellen, dass wir beide nach Ulan Bator wollen, beschließen wir, ein paar Tage gemeinsam zu reisen. Das Verbreitungsgebiet der Olegs erstreckt sich von der Krim bis nach Moskau und aus entsprechendem Holz sind sie geschnitzt. Sie fahren ohne Karten durch die Mongolei, wechseln Verschleißteile erst, wenn sie reißen, brechen oder explodieren und bereiten Nahrung zu, indem sie sie in´s offene Feuer werfen. Stets nach dem Motto: „Gar ist, was brennt.“ Überhaupt dreht sich für diese Spezies fast alles um die Futtersuche und -Zubereitung. Zur Hauptnahrung zählen „Kascha“, russischer Haferbrei, sowie Fisch jedweder Couleur – selbst geangelt versteht sich. Daraus ergeben sich bereits die Lieblingsbeschäftigungen der Olegs: Angeln, essen sowie Motorrad fahren. Richtung essen. Oder Angelplatz.


Olegs sind ungemein praktisch.

Sie sind handwerklich begabt und höchst erfinderisch, was sie zu idealen Helfern bei Reparaturen aller Art macht. Ihr ungezügelter Appetit sorgt wiederum dafür, dass man um drei (idealerweise warme) Malzeiten am Tag nicht herum kommt. Da ich unterwegs die Tendenz habe, eher zu wenig als zu viel zu essen, wirkt sich dies absolut positiv auf meine physische Konstitution aus. Zu guter Letzt gestaltet sich auch das Fahren selbst in Olleg´scher Begleitung meist sehr angenehm. Ich darf die Navigation übernehmen, die Schlafplätze aussuchen und bei heiklen Passagen besitzt er die angenehme Eigenschaft, immer einmal mehr zu stürzen als ich selbst. All das schmeichelt dem verschlammten Ego und ist super für´s soziale Klima.

 

Olegs sind allerdings nicht ganz einfach in der Haltung.

So lebensfroh bis bekloppt der Oleg mit vollem Magen ist, so mürrisch wird er in Phasen des Hungers. In Phase Nummer 1 wird er immer schweigsamer. Ein Warnsignal, das mir beim Fahren nur allzu oft entgeht. In der zweiten Phase wird das Vorwärtskommen extrem dadurch verlangsamt, dass er jeden, aber auch wirklich jeden, den er trifft, nach der nächsten Essensmöglichkeit fragt. Dabei ignoriert er konsequent die Anderssprachlichkeit des Gegenübers, Ladenöffnungszeiten oder konkrete Negationen. Auch wenn 12 Mongolen die Existenz im örtlichen Gewässer vehement bestreiten, der 13, 14. und 15. wird sich die gleichen Fragen anhören müssen. Wenn die gewünschte Reaktion ausbleibt, kommt der ohnehin überaktive Russe erst recht in Fahrt.

 

Anfangs ist es durchaus erheiternd, wenn der hagere Russe vor einer Gruppe fassungsloser Einheimischer pantomimisch die Produktion von Fischstäbchen darstellt, sich anschließend zu Boden wirft und angelnde Strichmännchen in den Staub zeichnet, um dann verzweifelt wieder aufzuspringen und rumpelstilzchengleich im Kreis zu hüpfen, wenn er merkt, dass niemand der Anwesenden auch nur den leisesten Schimmer hat, worauf zur Hölle er hinaus möchte. Nachdem ich mehreren solcher Spektakel beiwohnen durfte – bevorzugt auch in großer Hitze, nach besonders anstrengenden Etappen oder in der einsetzenden Dämmerung aufgeführt – werden sie immer mehr zur Geduldsprobe, die ich nicht immer bestehe. Effektive Gegenmaßnahmen sind jedoch rar, da der Oleg schlichtweg zu groß gebaut ist, um ihn an die Leine zu nehmen und einfach wegzuzerren. So ist meine einzige Chance häufig, den Motor möglichst lautstark zu starten, mich von allen Umstehenden zu verabschieden und allein weiterzufahren. Da er keine Karte besitzt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als hinterherzukommen.

 

Diese Situationen lassen mich hin und wieder an dem Konzept des gemeinsamen Reisens zweifeln und meinem Kopf erwachsen böse Fantasien, wie ich meinen Begleiter an der nächsten Jurte anbinde und aussetze.

Bei einer der kniffligeren Etappen wird mir dann aber wieder schlagartig vor Augen geführt, dass es eben doch erhebliche Vorteile hat, hier nicht alleine rumzukurven: Ich durchquere gerade ein schottriges Flussbett, als ich Oleg plötzlich aus dem Rückspiegel verliere und im gleichen Moment wildes Hupen und Schreien meinen Motor übertönt. Ich springe ab, sprinte in Richtung der Schreie und sehe ihn in einer sehr unbequemen Position unter seinem Motorrad liegen, das rechte Bein verdreht und so unter seinem Alukoffer eingeklemmt, dass er da alleine nicht mehr raus kommt.

Nachdem ich ihn unter der BMW hervorgezogen habe untersuchen wir seinen Fuß, dessen Knöchel binnen weniger Minuten auf doppelten Umfang anschwillt. Das alles sieht nach einem Bänderriss aus, sodass wir an Ort und Stelle unsere Zelte aufschlagen. Auch wenn ich von mir behaupten würde, etwas vorsichtiger als er unterwegs zu sein, hätte ich genauso da liegen können. In dieser Gegend würde nach ein paar Stunden vielleicht die ein oder andere Ziege vorbei schauen und aufmunternd am Ohrläppchen knabbern, aber auf Hilfe könnte man vermutlich Tage warten.


Eine Woche später bin ich dann an der Reihe, als uns ein Mongole alten Yak-Käse schenkt und ich mir daran so übel den Magen verderbe, dass ich zwei Tage mit Fieber, Schüttelfrost und Schlimmerem im Zelt liege, unfähig zu komplexeren Bewegungen. Oleg besorgt derweil irgendwoher Tee und wartet geduldig, bis ich wieder auf´s Krad steigen kann.

 

Als wir uns nach zwei Wochen gemeinsamer Mongoleireise schließlich in Ulan Bator verabschieden müssen, ist der Oleg zum Freund geworden und ich stelle fest: So anstrengend seine Haltung zeitweise auch sein mag, jeder sollte einen haben.

Mongolei, 18.08.: Wegelagerer II

Zum Grenzübertritt Russland-Mongolei sei aus Gründen der Psychohygiene allein angemerkt, dass er stattgefunden hat. Keine hundert Meter hinter dem Schlagbaum werde ich auch noch genötigt, eine Versicherung für´s Krad abzuschließen. Die ist leider nur mit mongolischen Tugrik bezahlbar, doch der Makler betreibt zufälligerweise auch den lokalen Geldwechsel. Ich bin und bleibe eben ein Glückspilz.


Endlich mit allen erforderlichen Papieren ausgestattet, habe ich Gelegenheit, meinen Blick über die karge Berglandschaft voller genussvoll grasender Zottel-Yaks schweifen zu lassen und bin plötzlich überwältigt. Ist das geil, ich stehe in der verdammt nochmal richtig echten Mongolei! Mit dem Mopped! Her gefahren! Ich! Eines meiner Augen ist undicht – was am Wind liegen muss.


Der Zustand der Pisten entbehrt hingegen jeder Romantik. Mal macht mir weicher Schotter die Kontrolle über das Vorderrad streitig, mal rüttelt betonharter Waschbrettboden das Krad so böse durch, dass ich ernsthaft um dessen stählerne Statik besorgt bin. Auch die Höhe macht ihm zu schaffen. Mit nicht mehr ganz taufrischem Luftfilter ausgestattet, tut es hustend und bockend sein Missfallen über die dünne Luft kund und verweigert zusehends die Gasannahme.


Eine Verschnaufpause ist ihm vergönnt, als ich am Straßenrand einen Mongolen stehen sehe. Mit typischem 150-Kubik-China-Bike und einem Problem, wie es aussieht. Ich halte und lasse mir erklären, dass ihm der Sprit ausgegangen sei. Nur zu gerne nimmt er mein Angebot an, ihm mit ein, zwei Litern aus meiner Reserve auszuhelfen. Flink wie ein Erdhörnchen schnappt er sich den Kanister und dessen gesamter Inhalt gluckert in den Tank. Das war anders gedacht. Ich denke noch darüber nach, ob Groll eine sinnvolle Reaktion ist, da lädt er mich zum Dank zu sich nach Hause ein. Obwohl es zum anvisierten Guest House noch ein weiter Weg ist, nehme ich an und habe alle Mühe, ihm auf den Fersen zu bleiben, so sehr genießen Fahrer und Fernostgefährt den unverhofften Oktanrausch.

Seine Familie begrüßt mich herzlich und ich werde freundlich mit Tee bewirtet. Meine Freude über die Gastfreundschaft weicht jedoch schnell größerer Skepsis, als man mir dazu nicht nur Kekse, sondern auch Sim-Karten, Geldwechsel und eine Motorinspektion anbietet. Als sich dann noch die Nachfragen zum Inhalt meiner Koffer mehren, ziehe ich es vor, das Übernachtungsangebot auszuschlagen und mich zügig zu verabschieden. Der geschäftstüchtige Kollege ist so nett, mich noch durch das Schotterlabyrinth bis zur Hauptpiste zu begleiten.

 

Kaum sind wir dort angekommen, schlägt er auch schon die Hände über dem Kopf zusammen, ruft „Problem, Problem! Oil, Oil!“ und zeigt in gespielter Verzweiflung auf seinen ölverschmierten Motor. Das kann er schön vergessen. Es mag seine Zeit dauern, aber irgendwann merke selbst ich, wenn ich abgezockt werde. Ich grüße betont freundlich und mache mich in den Staub. Für heute habe ich genug gezahlt.

Kasachstan, 12.08.: Zu Gast bei Fremden

Es wird bereits dunkel, als ich anhalte, um mit Hilfe des Navis eine geeignete Gegend zum Campen auszukundschaften. Eigentlich ist es noch etwas zu früh für die Dämmerung, aber eine gewaltige Schlechtwetterfront färbt den Horizont tiefschwarz. Schon heute Vormittag hatte ich mit den Pöbeleien des Regen-Wind-Duos zu kämpfen, das hier meist gemeinsam auftritt, um Ärger zu machen. Noch einmal brauche ich das heute nicht. Also lieber in der Nähe zelten und Horizont Horizont sein lassen.

 

Ich will gerade wieder starten, da sehe ich im Rückspiegel plötzlich, wie ein Kleinlaster hinter mir hält, zwei Typen aussteigen und zielstrebig auf mich zukommen. Einer in Tarnkleidung, der andere auffällig braun gebrannt, auf den ersten bis dritten Blick zwei Menschen, die hart für Ihr Abendbrot zu arbeiten haben. Sie stellen sich als Dauletbek und Rustem vor.

 

Vom Hellwach- wechsele ich schnell in den Entspannt-Modus, die Fragen sind mittlerweile allzu bekannt. Dementsprechend antworte ich beinahe automatisiert: Deutschland – Mongolei und Japan – Vielleicht Amerika – Ein Jahr – Ja, alleine – KTM – ca. 7000 Euro – 620 Kubik – 25 Liter – Ja, wirklich alleine! – Seeehr gut, tolles Land hier!


Völlig unvorbereitet trifft mich hingegen Dauletbeks Aussagesatz: „Come to my home.“ Mein Hirn läuft noch auf Autopilot und bietet mir partout keine Antwortmöglichkeiten an. So bleiben mir nur ein leerer Blick, ein schiefes Lächeln und die ausgefeilte Nachfrage: „Öhhh, sorry?“.

Na mitkommen soll ich, erklären mir die zwei, veranschaulicht durch Gesten des Leerens verdächtig kleiner Gläser. Ich warte auf die Reaktion des immer noch trägen Neuronenhaufens, einzig abrufbarer Antwortsatz: „ok…“. Ich solle einfach folgen, sagt man mir, gleich das nächste Dorf, nur 30 Kilometer.

 

Erst als ich wieder auf dem Motorrad sitze, ist mein Hirn wieder im Arbeitsmodus und merkt an, dass das ja vielleicht gar keine so tolle Idee ist: Einfach zwei wildfremden Menschen folgen, in der Dämmerung, 30 Kilometer in´s Gewitter hinein. Es folgt eine kleine intratobile Auseinandersetzung à la „Das hättest Du ja auch mal früher sagen können“ versus „Du lässt mich ja nie zu Wort kommen“, an deren Ende wir darin übereinkommen, dass solche Einladungen von Einheimischen doch genau das sind, worauf ich gehofft hatte.


Im einsetzenden Regen zeichnen sich endlich die ersten Häuser eines Dorfes ab, über deren Dächern eine Gang schwarz vermummter Wolken gerade einen kleinwüchsigen Regenbogen verkloppt. Als der Laster schließlich rechts abbiegt, kommt der andere doch nochmal mit dem Vorschlag um die Ecke, einfach weiterzufahren, um möglichen Unannehmlichkeiten zu entgehen. Aber ich ignoriere den Feigling in mir und fahre hinterher.

 

Etwas lockerer werde ich, als uns bei der Ankunft am kleinen Häuschen eine ganze Familie begrüßt. Vor spielenden Kleinkindern und freundlicher Oma wird man mich wohl kaum ausrauben und um die Ecke bringen. Es geht zügig zu Tisch und ich werde genötigt, alles zu probieren und immer weiter zu essen. Kaum liegt die Gabel neben dem Teller, steht auch schon die Wodkaflasche auf dem Tisch. Meine Ausrede, ich müsse leider noch fahren, wird mit der Einladung zur Übernachtung vom Tisch gewischt. Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit nehme ich die gerne an.

 

Jetzt bin ich dankbar für die kulinarische Nötigung, zumal man hier recht streng dem Brauch folgt, sich eine Flasche zu dritt zu teilen.

Auf meine Nachfrage, was er denn beruflich mache, antwortet Daulet mit einem verschmitzten Grinsen: „Businessman!“. Wie zum Beweis, kommt kurz darauf ein Freund zu Besuch und ein großes Bündel Geldscheine wechselt den Besitzer. Da ist er wieder, dieser Zustand erhöhter Wachsamkeit.

Adilbek, Dauletbeks jüngerer Bruder, erklärt mir prompt, sie müssten noch „eine Lieferung zustellen“ und fordert mich auf, mitzukommen. Dann könne er mir auch das Business seines Bruders genauer zeigen.

 

In diesem Moment fällt es mir schwer, abzuwägen, was ich tun soll. Einige Zeichen stehen auf Mafia-Action, aus der ich mich ganz gerne heraushalten würde.Andererseits ist besonders Adilbek, Dauletbeks jüngerer Bruder, derart zuvorkommend und um mich bemüht, dass ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, dass hier krumme Dinger laufen. Eigentlich.

 

Ich entscheide mich, meiner Menschenkenntnis zu trauen und sitze bald im Kleinlaster chinesischen Fabrikats, der sich in völliger Dunkelheit über Pisten voller Schlaglöcher quält.

 

Irgendwann halten wir vor einem heruntergekommenen Gebäude. Das Business. Adilbek führt mich herein. Im Eingangsbereich fällt mein Blick als erstes auf säuberlich aufgereihte weiße Kittel, wie man sie in wissenschaftlichen Labors findet. Im nächsten Raum stehen diverse Apparaturen und Wannen aus Edelstahl. „Sausages!“ erklärt Adilbek strahlend und zeigt mir auch noch den Nebenraum in dem über einer alten Badewanne mit nicht mehr identifizierbarem Bodensatz rostige Fleischerhaken baumeln. Genau so hat ein guter Splatterfilm zu beginnen. Ein Lächeln bringe ich in diesem Moment wohl nicht mehr zustande und bin aufrichtig erleichtert, als wir wieder im Wagen sitzen.

 

Als sich auch noch herausstellt, dass die „Lieferung“ aus völlig harmlosem Baumaterial besteht, und ich nach komfortabler Nachtruhe und ausgiebigem Frühstück am nächsten Tag herzlich verabschiedet werde, schäme ich mich fast ein wenig für mein Misstrauen. Bin aber trotzdem froh, den Ort nicht als Wurstware zu verlassen.

Kasachstan, 10.08.: Fahnenflucht

„Flamingos! Ich muss zu den Flamingos!“

...ist das Erste, woran ich beim Aufwachen denke. Noch vollständig angekleidet und mit einem Schädel, der einem Elchbullen gehören könnte. Dass es aber meiner ist, beweisen die Schmerzen. Ich befinde mich in einer Blockhütte, dekoriert mit Plastikblumen und Kitschkatze. Daneben eine goldene Laute. Ganz langsam, erstmal sortieren. Was. War. Passiert?

 

Rekonstruierbar ist:

Gestern habe ich mich von Astana aus auf den Weg zum 150 km südlich gelegenen Tengiz-See begeben. Dort sollte angeblich eine der nördlichsten Flamingo-Populationen der Welt leben, das wollte ich erst sehen, bevor ich es glaube. Ich hatte zuvor ein Guest House kontaktiert und gefragt, ob sie ein Bett frei hätten und für mich eine Exkursion in das geschützte Gebiet organisieren könnten. Die Antwort lautete: „Come Sunday!“. Da trotz dieses ausschweifenden Textes noch Fragen offen geblieben waren, hatte ich beschlossen, schon am Samstag vorbei zu fahren und die Lage zu sondieren.

 

Es empfing mich ein hyperaktiver junger Kerl von geschätzten 2,60 m Größe, der wegen des Moppeds völlig aus dem Häuschen war und genau alles dazu wissen wollte. Nach kurzer Verhandlung war der Preis für die Blockhütte annehmbar.

 

Wenig später saß ich im Wohnzimmer der Familie und versuchte mich bei ohrenbetäubender Musik aus Discolautsprechern auf's Teetrinken zu konzentrieren. Der Vater sei Komponist und Musiklehrer, ließ ich mir erklären, und Junior zeigte mir anhand seiner Werke was die Anlage kann.  

Ich war zwar der einzige Gast, dafür kamen jedoch nach und nach immer mehr Freunde und Verwandte des Musikers, sodass ich bald umringt war von sieben schmatzenden Kasachen, denen er großzügig aufwarten ließ. Der Komponist gefiel sich sichtlich in der Rolle des Gönnenden, gab sich dabei wort- und tatkarg, ließ stattdessen die Frauen die Arbeit machen. Die aßen zwar nicht mit, durften aber bedienen. Eine gewöhnungsbedürftige Szenerie.

 

Spannend wurde es, als drei weitere Dorfbewohner die Bühne betraten, darunter der „Chief of the Connection“, wie er mir vorgestellt wurde. Plötzlich wurden die Hierarchiepunkte am Tisch völlig neu verteilt und er übernahm das Zepter. So erließ er als erste Amtshandlung, dass die Flasche geistreichen Getränks wieder hervorgeholt wurde, aus der man mir eingangs bereits einen Anstandswodka kredenzt hatte. Auf einem Bein und so weiter…  Wer wäre ich, das abzulehnen. Das Problem war bloß, dass man beintechnisch ausgehend vom Flamingo zielstrebig auf den Tausendfüßler zusteuerte und ein Wässerchen auf das nächste folgte.

 

Die Flasche muss kaputt gewesen sein, sie wurde nie leer! Und das zeigte bald Wirkung.

Es wurden alle immer ausgelassener, abgesehen vom entmachteten Hausherren, der bald auch noch aufgetragen bekam, mit der Dombra – einer traditionellen kasachischen Laute – aufzuspielen. Sein Repertoire war beachtlich, sodass ich mich wenig später bei „Muss i denn zum Städele hinaus“ mitsingen hörte.

Auch die Trinksprüche wurden ausschweifender und ich ertappte mich dabei, die Wahrheit um der Geselligkeit Willen etwas zu modifizieren. Ich schwadronierte über die Schönheit und Größe Kasachstans, erklärte, dass bei uns schon die Kinder in der Schule alles über dieses Land lernen, und trank schließlich sogar auf den Langzeit-Präsidenten Nasarbajew, der bei uns u.a. wegen seines harten Umgangs mit der Opposition und dem ein oder anderen Korruptionsvorwurf kritisch beäugt, hierzulande aber von der Mehrheit als Fastgott verehrt wird.

 

So wurde von jedem in der Runde eine kurze Ansprache erwartet, natürlich zum Applaus stets begossen. Als der Chief zu guter Letzt das Wort ergriff, verband er seinen Toast mit einem weiteren Tiefschlag gegen den mittlerweile sichtlich angefressenen Gastgeber. Als es darum ging, mich der Tradition folgend mit einem Geschenk zu bedenken, ließ der Redner sich kurzerhand eine Plastik aus dem Fundus des Komponisten reichen. So war er plötzlich um einen Pokal ärmer und ich stolzer Besitzer einer güldenen Dombra-Figur.

 

Von hier an verschwimmt die Erinnerung. Ich weiß nur, dass der Chief mich für den nächsten Tag zu einem „richtigen“ kasachischen Essen einlud und ich mitten in der Nacht noch mit irgendeiner einer deutschsprachigen Frau telefonieren musste, die mich anwies, aber auf gar keinen Fall vor diesem Festmahl abzureisen. Ansage.

Die Flamingos!

Ich quäle mich aus dem Bett und schleiche zum Haus der Gastfamilie, um die Tour trotz meines Zustandes noch irgendwie organisiert zu bekommen. Alles kein Problem, sagt die Frau des Hauses, nur ziemlich teuer, sage ich. Per Wörterbuch, Google Translator und am Ende sogar mit Hilfe einer krakeligen Zeichnung verhandeln wir über die Tourlogistik. Wenn ich mit dem Motorrad führe, der Guide hinten drauf, wäre es recht günstig, schlägt sie vor. Ähm… Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt selbst auf einer vierspurigen Asphaltstraße eine schlechte Idee, auf den staubigen Wellblechpisten dieser Gegend aber ein Himmelfahrtskommando.

Man zeigt Nachsicht. Eine halbe Stunde später sitze ich mit einem Guide und einem Fahrer in einem klapprigen Lada Niva, der durch Kurzschließen der Kabel und einen beherzten Hammerschlag auf den Anlasser gestartet wird.

 

Während der einstündigen Fahrt zum See kommt echtes Rallye-Feeling auf, wobei ich sekündlich daran erinnert werde, dass der letzte Wodka schlecht gewesen sein muss. Wir rasen durch die Savanne, der aufgewirbelte Staub findet tausend Wege ins Innere des löchrigen Fahrzeugs und legt sich dann bevorzugt in meinen ausgetrockneten Atemwegen nieder. Wasser habe ich natürlich vergessen. Und da der Fahrer es selbst bei Bodenwellen im Metermaß nicht einsieht, die Geschwindigkeit zu drosseln, knallt mein ohnehin brummender Schädel mehrmals hart gegen die Autodecke. Trotzdem muss ich immer wieder grinsen. Das hier macht Spaß! Und irgendwann stehe ich wirklich im Uferschlamm und sehe den lebendigen Beweis dafür, dass man eben doch auf einem Bein stehen kann. Hätte ich das mal gestern Abend gewusst.

  

Die Rückfahrt nutze ich, um meine Flucht aus dem Alkohol zu planen. Noch so ein Gelage überlebe ich heute nicht! Zurück im Guest House bepacke ich mein Krad daher in Rekordzeit und übergebe das Guest House an Henni, einem ebenfalls motorradreisenden Holländer, den wir auf dem Rückweg aus der Staubsteppe aufgegabelt haben. Und so tuckere ich leise und klammheimlich aus dem Dorf, in der Hoffnung, dass der Chief mich nicht erwischt. Wer weiß, welche Strafe Flüchtige mit Fahne in seinem Herrschaftsgebiet zu erwarten haben.


Kasachstan, 05.08.: Zahltag

Endlich in Astana! Das zumindest behauptet mein Navi. Ich aber kann weit und breit keine Stadt sehen und widerspreche energisch. In die Kontroverse mit meinem ersten Steuermann vertieft, bemerke ich den entgegen kommenden Polizeiwagen zu spät. Fuck.

Zwar ist die Straße hier zweispurig ausgebaut und Häuser kaum vorhanden, aber ganz weit hinten in meinem Großhirn hüstelt jemand etwas von „Ortsschild“. Ich bin definitiv zu schnell unterwegs. Findet auch die Ordnungsmacht, heftet sich an mich und sendet klare Signale zum Anhalten.

 

Ich bin noch guter Dinge, halte ich mich doch seit der amüsanten Begegnung mit der Miliz in der Ukraine für so eine Art Bullenflüsterer. Immerhin bin ich wirklich bisher von den zahllosen kasachischen Polizisten entweder vollkommen ignoriert oder aber überschwänglich gegrüßt worden.

 

Das Mienenspiel dieses Exemplars spricht leider eine ganz andere Sprache. Papiere, mitkommen, ins Auto setzen. Oha, erhöhter Schwierigkeitsgrad also. Sei es drum. Herausforderung angenommen.

 

Ich eröffne die Runde klassisch mit Verständnisproblemen, er kontert leider mit klaren deutschen Begriffen: „Protokoll“, „Strafe“. Auch der übliche Austausch von Bildmaterial (ich zeige das Foto meiner Freundin, er das Video von mir) lässt keinen Punktgewinn zu. Gut, dann also szenisches Spiel, denke ich mir und will aussteigen, um seinem sympathischeren Kollegen das Krad zu zeigen. Schöner Versuch, aussteigen ist nicht.

Auch mit allen anderen Manövern beiße ich diesmal auf Granit. Schild nicht gesehen, Aufkleber schenken, Reiserute erläutern, lustige Geräusche… „Strafe“, „Protokoll“.

 

Richtig ungemütlich wird es, als er in das real existierende Protokoll neben meiner Adresse auch die Strafgebühr einträgt. Satte 30.000 Tenge sollen´s sein – 145 Euro. Dass ich die nicht dabei habe, sei leicht zu ändern, meint er und gibt ein neues Wort zum Besten: „Bank“.

Ich gebe vor, im Wörterbuch zu wühlen, um Zeit zu schinden. Dass ich fällig bin, liegt zwar auf der Hand, aber so viel Geld will ich nun wirklich nicht loswerden. Mit dieser Verzögerungstaktik rette ich mich offenbar in die Happy Hour: Plötzlich steht „30%“ auf einem Zettel. 44 Euro? Das klingt schon besser, ist aber trotzdem noch mehr, als ich dabei habe.

 

Betont umständlich wurschtele ich meine letzten Tenge aus den Taschen. 4000, mehr sind nicht drin. Jetzt gilt es, dem Blick dieses Beamten standzuhalten, der mich fixiert und gleichzeitig die Temperatur im Wagen auf null senkt.

Kurz bevor mein Atem gefriert, nimmt er das Geld und reicht mir meine Papiere.

 

Ich bin erleichtert, wenn auch nicht zu hundert Prozent zufrieden mit meiner Performance. 20 Euro, um einmal im Polizeiauto sitzen zu dürfen, ist schon noch recht happig angesichts der Tatsache, dass ich noch nicht mal die Sirene bedienen durfte. Und als ich sehe, wie die beiden Cops beim Losfahren nach alter Landessitte im hohen Bogen Flaschen aus dem Fenster werfen, bereue ich erst recht jeden einzelnen der 4000 Tenge. Wenn auch nur ein einziger von denen seinen Weg in die Staatskasse findet, will ich Borat heißen.

Kasachstan, 02.08.: Crash Kid

Die Route nach Astana führt mich durch die Großstadt Aktöbe. Wirklich mitten hindurch, denn an eine Umgehungsstraße scheint niemand gedacht zu haben. Nervig ist dabei nicht nur die Stop-and-Go-Hölle bei Saunaklima, sondern vor allem die Vorliebe der Stadtplaner für Kreisverkehre. Mittlerweile weltweit als sinnvolles Flussmittel für großes Verkehrsaufkommen anerkannt, werden sie hier ad absurdum geführt. 

Es kann sein, dass – wie bei uns – derjenige Vorfahrt hat, der sich im Kreisel befindet. Oder aber alles ist anders. Denn gerne wird diese Regel auch durch Vorfahrtsschilder umgekehrt, sodass die im Innenkreis warten müssen, bis die von außen kommenden Autos sich mit hinein gequetscht haben. Hoffnungslose Kreisverstopfung vorprogrammiert.

Diese Regelung macht in ihrer Inkonsequenz der deutschen Rechtschreibreform Konkurrenz und führt zu mindestens genauso vielen Unfällen. 

 

Dass nicht nur ich, sondern auch die Einheimischen nicht mehr wissen, wer hier eigentlich was darf, beweisen zwei kapitale Zusammenstöße, an denen ich mich binnen kurzer Zeit vorbeikreisele. LKW vs. Kleinwagen: 2:0.

      

Wenig später fällt mir ein Motorradfahrer auf, der die rote Ampel höchst entspannt ignoriert. Ich wundere mich kurz und freue mich dann, dass die Verkehrsregeln in dieser Stadt offenbar nur für vierrädriges Fuhrwerk gelten. Keine 500 Meter weiter treffe ich ihn wieder. Er liegt am Straßenrand, das Mopped auf ihm, und hat Probleme aufzustehen. So hilfsbereit ich die Kasachen bisher erlebt habe, für diesen Unfall hier interessiert sich niemand.

 

Ich halte an, helfe erst ihm, dann seinem Motorrad hoch und bugsiere beide aus der Gefahrenzone. Der arme Kerl, Mitte 20, scheint ordentlich etwas abbekommen zu haben. Er ist ziemlich unsicher auf den Beinen und schaut die meiste Zeit an mir vorbei ins Leere. Auch das Motorrad hat sichtlich gelitten. Die Scheibe ist zersplittert, der Blinker baumelt nur noch an einem Kabel, vom Nummernschild fehlt jede Spur. Sein Versuch, die Kiste zu starten, scheitert. Wütend wirft er seine ohnehin glaslose Sonnenbrille weg. Doch hier bin ich ja Experte! Jovial lege ich den Leerlauf ein und starte den Motor problemlos. Er lächelt. Wortlos bittet er mich, auch den Blinker zu reparieren, aber hier ist nun wirklich nichts mehr zu retten.

 

Je länger ich mir den Kerl anschaue, desto sicherer werde ich: Der Typ steht nicht unter Schock, sondern ist total besoffen! Großartig. Er zeigt in verschiedene Richtungen und will offenbar wissen, wohin ich fahre. Ich zeige nach rechts. Er zeigt nach links. Ähm nein, rechts! Er zeigt nach links. Mir dämmert, dass er Geleitschutz nachhause erbittet. Gut, das kann man machen. Ich zeige nach links. Er lächelt, schwingt sich auf sein Motorrad und hupt mich umgehend ungeduldig an, ich möge mich doch bitte beeilen.

 

Kaum habe ich den Motor gestartet, da prescht er los und scheint völlig vergessen zu haben, dass er vor wenigen Minuten noch wie ein Käfer auf dem Rücken lag. Langsam reicht es mir. Ich hole ihn ein, stoppe ihn und gebe ihm zu verstehen, dass er von jetzt an hinter mir fährt. Er nickt und lächelt. Mit 40 Sachen schleichen wir stadtauswärts, trotzdem versetzt mich der Blick in den Rückspiegel ob der völligen Linien-Untreue meines Anhängsels immer wieder in Panik.

 

Endlich, nach etwa 10 Kilometern, wird er langsamer und hält an. Er lächelt beseelt, nickt mir zu und zeigt mehrfach geradeaus. Ich bin verwirrt und frage ihn mithilfe meines Wörterbuches, ob er dort weiter geradeaus wohne. Er lächelt und schüttelt den Kopf. Gut, dann also hier? Er schüttelt den Kopf und lächelt. Wo denn dann, verdammt? Er dreht sich um und zeigt in die Richtung aus der wir gekommen sind. „Aktöbe!“ 

 

Während ich ihn mit offenem Mund anstarre, wird mir klar, dass nicht ich es war, der ihn eskortiert hat, sondern er so freundlich war, mich aus der Stadt zu geleiten. Volltrunken. In die falsche Richtung.

 

Da stehe ich nun in Gesellschaft dieses Typen, der schiefer auf seinem Motorrad sitzt, als es die Gesetze der Physik erlauben, und weiß schlichtweg nicht mehr weiter. Als ein Autofahrer heranrollt, starte ich einen letzten Versuch. Ich flüstere diesem eindringlich „pjany!“ („betrunken!“) zu und zeige möglichst unauffällig auf den Schwankenden, der weiterhin der Welt zulächelt. Da grinst auch der Autofahrer, winkt ab und erläutert mir wohlwollend, dass sich das schon lege, wenn er erst einmal ein Ründchen geschlafen habe.

      

Vor dieser erschreckenden Übermacht an Lebensweisheit kann ich nur noch bedingungslos kapitulieren. Mein Hirn streikt, mein Mund zeigt sich solidarisch. Der Bruchpilot nutzt die Gunst meiner Lähmung, bedankt sich kurz, lächelt und brettert zur Stadt zurück. Grazil wie eine Taube nach der Fensterkollision fliegt er taumelnd davon.

      

Mir bleibt nichts anderes übrig, als in die gleiche Richtung zurückzufahren, um wieder auf meine ursprüngliche Route zu gelangen. Dass ich ihn nirgendwo mehr habe liegen sehen, werte ich als gutes Zeichen und hoffe, dass er den Tag überlebt hat. Sicher bin ich mir da allerdings nicht.

Kasachstan, 01.08.: Durststrecke

Die Fahrt von Atyrau Richtung Astana ist hart. Mittlerweile sind die 45°C im Schatten erreicht. Blöd nur, dass weit und breit nichts bereit ist, eben solchen zu spenden. Ich rette mich von Zeit zu Zeit in Tankstellen oder Bushäuschen mit zweifelhafter olfaktorischer Färbung und fahre immer häufiger im Stehen. Das bringt zwar keine Abkühlung, föhnt mich aber wenigstens wieder trocken.


Am Straßenrand liegen die Reste, derer, die es nicht schnell genug zum nächsten Wasserloch geschafft haben. Daneben die Roadkill-Opfer der kasachischen Freunde hoher Geschwindigkeiten. Von der Ziege bis zum Ziesel ist alles dabei, selbst ein Pferd reiht sich in diese schaurige Jagdstrecke ein. Über die Straße rollende, tote Büsche und sandige Minitornados machen die Wildwest-Kulisse perfekt. Ich selbst bin gewarnt und lege mir eichhörnchengleich in meinem Ersatzreifen ein Flaschenlager an.


Das Ganze hat aber auch eine schöne Seite: Diametral zum steigenden Grad der Anstrengung sinkt die Luxusschwelle. Irgendwann doch noch einen Laden zu finden, in dem der Kühlschrank funktioniert, und ein kaltes Getränk schlürfen zu dürfen oder abends vor dem Ins-Zelt-Kriechen duschen zu können, ist die pure Wonne. Letzteres habe ich mittlerweile optimiert, sodass eine 1,5 -Liter-Flasche vollkommen ausreicht, um alle relevanten Stellen wieder wohlduftend-frisch zu waschen. Und so reichen schon eine Dose Cola und eine Flasche Wasser, um mich abends als rundum glücklichen Menschen einschlafen zu lassen.

Atyrau, Kasachstan, 29.07.: Schnipseljagd

Vor dem Grenzübertritt nach Kasachstan war ich wie vor bisher jeder Grenze etwas nervös und schlief unruhig in meiner vorerst letzten Nacht in Russland. Vielleicht lag es auch an der Warnung eines "Brother of Motobike", wie er sich vorstellte, es gebe Wölfe in der Gegend und Camping sei gar keine so gute Idee. Wobei ich mir selbst glaubhaft darlegte, dass - wenn der Typ nicht nur ein Schwätzer war - der Wolf die fetten Kühe auf der Nachbarwiese meiner Lauchigkeit sicher vorziehen würde.


Wie auch immer, ich wache um unchristliche fünf Uhr auf und bin hellwach. Zwei Stunden später stehe ich auf kasachischer Seite und wundere mich, wie unkompliziert eine Einreise sein kann. Keine langen Autoschlangen, keine Durchsuchung, keine fiesen Formulare.


Während der sich anschließenden Fahrt nach Atyrau, der westlichsten Großstadt des Landes, komme ich mir vor wie auf der Arabischen Halbinsel. Sandige Steppe, Ölförderpumpdinger (die Teile, die immer so auf und ab wippen) und - wirklich und wahrhaftig - Kamele. Die Viecher sehen so dermaßen witzig aus, wenn sie fressen, dass mir die saudischen Temperaturen egal sind und ich ein Foto nach dem anderen schieße.


Doch nicht nur die Landschaft ändert ihr Aussehen, sondern auch die Menschen. Ich schaue fast nur noch in asiatische und vor allem freundliche Gesichter. Ich werde so häufig angeblinkt, -gehupt und -gewinkt, dass ich anfangs Sorge habe, das Mopped stünde unbemerkt in Flammen. Ein Streifenwagen blaulichtet mich sogar an. Aber nein, die freuen sich einfach nur einen Ast ab, dass jemand ihr Land besucht.

 

Atyrau ist nur deshalb mein Ziel, weil ich mich innerhalb von fünf Tagen im Land registrieren lassen muss und das über ein Hotel unkompliziert von statten gehen sollte. Dazu ein Zitat aus meinem Reiseführer:

 

„Diese Anmeldung kostet ca. 25 Euro, wenn ein autorisiertes Hotel oder Reisebüro oder die einladende Stelle die Prozedur übernimmt. Wenn man es selbst macht, ist es kostenlos. Allerdings sollte man dazu masochistisch veranlagt sein oder dringend eine Sozialstudie betreiben wollen.“

 

Wie ich beim Einchecken entgeistert feststellen muss, ist mein Hotel nicht autorisiert. Wohlan. Ich mag Sozialstudien. Schneller als ich Nursultan Nasarbajew sagen kann, hat die Rezeptionistin mir auch schon ein Taxi bestellt, das mich zur Migrationsbehörde fahren soll. Dort angelangt, finde ich irgendwann auch einen Herrn mit Mütze, der sich meiner Sache annimmt. Doch, wie sollte es anders sein: Es fehlt ein Papier. Die Migration-Card, die ich an der Grenze bekommen hatte, liegt wohl behütet im Hotel. Ich wende an, was schon einmal geholfen hat, und stelle mich dumm. Diese Taktik scheitert leider kläglich daran, dass mir der Beamte eine eben solche Karte unter die Nase hält und selbst ich nicht mehr so tun kann, als wüsste ich nicht, wovon er spricht.


Also zurück zum Hotel. Diesmal fahre ich mit dem Mopped zur Behörde, kenne den Weg ja jetzt. Dort wartet ein Formular auf mich. Natürlich auf Russisch. Diesmal ist Kristina meine Rettung. Genauso nett wie der Moldawier bei meiner Russlandeinreise (nur deutlich hübscher) füllt sie das Papier für mich aus und gibt mir Tipps, welche Angaben ich machen soll. Und welche besser nicht.

 

Geschafft. Ich belohne mich und meine Nerven mit heißem Schaschlik und kaltem Bier, das nach diesem Tag besonders gut im Gaumen abmalzt.

Wolgatal, Russland, 28.07.: BÄMM!

Auf dem weiteren Weg Richtung Kasachstan kommt mir ein Fahrradfahrer entgegen, der eindeutig schon länger unterwegs ist. Halbnackt, mit Vollbart und braun gebrannt wie ein Brathähnchen. Am Rad diverse Rollen und Taschen befestigt. Bei dem derzeitigen Wüstenklima eine äußerst respektable Leistung, die ich mit hoch erhobenem Daumen würdige.

 

Ich brauche einen Moment, bis ich mich dazu entschließe, umzudrehen und ihm Hallo zu sagen. Zwar ist mir eigentlich viel zu heiß, als dass ich auch nur drei Meter weiter als nötig fahren wollte, doch ich weiß, wie sehr ein paar nette Worte pushen können, wenn man allein unterwegs ist. Außerdem bin ich neugierig.

 

Also fahre ich rechts ran und will eine Kehrtwende machen. In dem Moment gibt es einen krachenden Knall und ich liege auf der Straße. Das Motorrad auf mir.

 

Ich nehme alles nur in Bruchstücken wahr, sehe, wie eine Radkappe davon rollt, sich unter mir eine Lache bildet und ein Auto schlingernd auf den Randstreifen fährt. Automatisiert wende ich den Griff an, den ich vor Ewigkeiten mal in einem Endurokurs gelernt habe, und schaffe es so, die voll beladene Maschine hoch zu stemmen und von der Straße zu schieben.

Ich zittere vor Adrenalin, fluche wie ein Kesselflicker und bin vor allem wütend auf mich selbst. Ich, Mr. Vorausschauendesfahren, der vor lauter Schulterblicken schon Nackenzerrungen hat, ich, der ich so gern über die fahrerische Inkompetenz der anderen schimpfe, bin schlichtweg zu blöd, vor dem Wenden in den Rückspiegel zu schauen.

 

Der Fahrer des Wagens, der mich offenbar gestreift hat, kommt auf mich zu getrabt und ruft Dinge, die alles Mögliche bedeuten könnten. Die Hand zu Herzen führend signalisiere ich ein vollkommenes Schuldeingeständnis. Er reicht mir aber zunächst mal die Hand und zeigt um meine Gesundheit besorgt. Nachdem ich mir und ihm versichere, dass noch alles an mir dran ist, wenden wir uns dem Mopped zu.

 

Stechende Gedanken der Sorge nieseln auf mich nieder. Ich sehe zur Reparatur unfähige Dorfwerkstätten, führe erfolglose Telefonate mit dem ADAC und trauere um mein verfallenes Kasachstanvisum. Im Hier und Jetzt probiere ich unterdessen, den Motor zu starten… Fehlanzeige. Eine schier endlos dauernde Minute muss verstreichen, bevor ich auf die Idee komme, den Leerlauf einzulegen. Siehe da: sie läuft! Als nächstes Wende ich mich dem Vorderrad zu. Hier muss der Aufprall stattgefunden haben. Völlig perplex stelle ich fest, dass die Bremsscheibe zwar ein wenig schleift, das Rad aber ansonsten ordentlich rund läuft. Nachdem ich auch die Speichen und den Motor gecheckt habe und alles gut aussieht, entspanne ich langsam.

 

In Gebärdensprache und gebrochenem Englisch versuchen wir gemeinsam zu rekonstruieren, was passiert ist, und kommen zu dem Schluss, dass er wohl nur den Reifen selbst, nicht aber die Felge erwischt hat. Langsam realisiere ich, was für ein verdammtes Schwein ich gehabt habe. Ein paar Zentimeter näher an der Felge bzw. an mir und die Fahrt, vielleicht sogar die Tour, wären hier zu Ende gewesen.

 

Er begutachtet noch kurz seinen Wagen und winkt lässig ab. Die neuen Kratzer harmonieren perfekt mit den alten. Um die Radkappe schert er sich nicht. Stattdessen treten nun Frau und Mutter auf den Plan und möchten mit dem Krad und mir fotografiert werden. Auf den Deal lasse ich mich liebend gerne ein. Zum Schluss nochmal erleichtertes Händeschütteln und der Lada juckelt von dannen.

 

Ich atme noch drei Mal tief durch, stelle den Rückspiegel ein und fahre hinterher. Langsam. Gaaanz langsam.

Wolgatal, Russland, 27.07.: Schlangen im Gras

Bei der Abfahrt aus Wolgograd ist es immer noch brüllend heiß. 35 Grad im Schatten, gefühlte 40, sagt das Onlinewetter. In der Moppedkluft nur noch schwer zu ertragen. Ich bin daher kühn und fahre in leichter Stoffhose.

Um auf die Jacke zu verzichten, ist der Leidensdruck dann doch noch nicht groß genug. Nicht nur, dass in geschätzten 68 Taschen alle meine wichtigen Dokumente organisiert sind, auch die anarcho-suizidalen Fahrmanöver der Russen in Kombination mit einem offen ersichtlich recht löchrigen medizinischen Netz sprechen gegen den Leichtsinn, nur im Shirt zu fahren.

 

Da ich bis zum ersten Gültigkeitstag meines Kasachstan-Visums noch drei Tage Zeit habe, entscheide ich mich für die langsamere Strecke gen Süden, am weniger gut ausgebauten östlichen Wolga-Ufer entlang.


Statt der erhofften sattgrünen Auenlandschaft finde ich mich nach wenigen Kilometern zum ersten Mal in einer dürren Steppe wieder. Kaum noch Bäume, die Büsche verholzt, Sand, Staub und trockenes Gras.So stelle ich mir das australische Outback vor. Gut, wäre das Ziel auch schon mal abgehakt.


Erst am Abend finde ich eine Stelle, an der der Fluss erreichbar scheint. Über Sandwege schlage ich mich bis zum Ufer durch und stehe unvermittelt inmitten einer völlig anderen Welt. Hier ist es so auig, dass sich selbst Hobbits wohl fühlen würden und grüner als Cem Özdemir.


Apropos… Als ich nach der langen Fahrt das dringende Bedürfnis verspüre, mich aktiv zu dehydrieren, schlängelt sich vor meinen Füßen eine sehr empörte und sehr massive Schlange hinfort. Obwohl ich mich als gebildeten Schlangologen bezeichnen möchte, gelingt es mir nicht, das Tier näher zu bestimmen. Ob es ein giftiges Wesen war, vermag ich daher nicht zu sagen. Trotzdem bin ich sehr überrascht und rufe ein „Sorry!“ hinterher.


Noch überraschter bin ich allerdings, als ich realisiere, aus welchem Gesträuch ich das Tierchen da vertrieben habe. Der Geruchstest bestätigt den Verdacht. Hier wächst Gras, genauer: die Jamaika-Variante. In wilder Freiheit und großer Menge.


Beim Einschlafen bilde ich mir ein, dass die Grillen hier deutlich chilliger Zirpen als gewöhnlich und im Off-Beat Bob Marley rezitieren. Ob da wirklich eine Schlange war..?

Wolgograd, Russland, 26.07.: „Heldenstadt Stalingrad“

...so wird Wolgograd immer dann rückbenannt, wenn große Feiertage anstehen, die in Bezug zum zweiten Weltkrieg beziehungsweise zur Schlacht um die Stadt stehen. Davon gibt es reichlich, sechs im Jahr.

Wie wohl für die meisten Deutschen ist dieser Name für mich untrennbar verknüpft mit dem Wissen um blutige Schlachten, endloses Leid innerhalb des Kessels und vor allem mit der Vorstellung von einem erbarmungslosen Winter, der jeden dahinraffte, der noch nicht durch Kugeln und Granaten gestorben war.

 

Als ich nach kräftezehrender Anfahrt endlich das Motorrad aufbocke, versinkt der Hauptständer im glühenden Asphalt. Als hätte Thermometer hier noch nie Minusgrade gesehen, empfängt mich die Stadt mit hochsommerlichen Temperaturen und ausgelassener Stimmung. Wie so häufig in großen Städten ist die Polizei auch hier omnipräsent, nicht zuletzt wohl aufgrund der separatistischen Anschläge der vergangenen Jahre. Am Ufer der Wolga scheint das Aufgebot niemanden zu stören. Man vergnügt sich beim Schnellbootfahren oder verfolgt gespannt die Auslosung der WM-Gegner.

 

Am nächsten Tag befreie ich das Mopped von seinen Lasten und knattere zum etwas außerhalb des Zentrums gelegenen Mamajew-Hügel. In der Schlacht um Stalingrad war diese Anhöhe strategisch von großer Bedeutung und entsprechend erbittert umkämpft. Heute befindet sich hier eine Gedenkstätte von gigantischem Ausmaß. Über allem prangt die Statue „Mutter Heimat ruft“, das 14 Tonnen schwere Schwert gen Himmel gereckt und die Landsmänner zur Verteidigung rufend. Vielleicht auch zum Angriff. Mit einer Höhe von 85 Metern muss sie sich nur knapp der New Yorker Freiheitsstatue geschlagen geben, insgesamt bringt das Biest 7900 Tonnen auf die Waage.

 

Zu ihren Füßen befindet sich die Halle des Soldatenruhmes, ein prachtvoller Rundbau, in dessen Inneren eine steinerne Riesenhand die Ewige Flamme hält und in Mosaikwänden stellvertretend die Namen tausender gefallener Soldaten verewigt sind. Pathetische Musik rieselt auf die Szenerie nieder, wird dann aber jäh durchschnitten durch die im preußischen Stechschritt marschierende Garde, die zur Wachablösung anrückt. Einige Frauen sind von all dem so ergriffen, dass sie zu weinen beginnen. Für mein Empfinden ist das hier deutlich zu viel Prunk und wird der Sache nicht gerecht.

 

Ich richte daher mein Augenmerk auf einen Soldaten, der sich liebevoll um seinen Kameraden kümmert, welcher beim letzten Pokerspiel offensichtlich verloren hat. Ihm wurde der Platz an der Sonne zugewiesen und so steht er vermutlich seit Stunden starr in der flimmernden Hitze und scheint förmlich zu zerfließen. Man tupft ihn geradezu zärtlich ab und wedelt ihm kühlende Luft zu. „Siehste!“, denk ich mir, „so völlig chancenlos scheint die Liebe unter Männern in diesem Land doch nicht zu sein.“

 

Beim Weg zurück zur Unterkunft fällt mir noch eine alte Pappel auf, die sich so gar nicht in die planvolle Symmetrie der Parkanlagen fügen will, sondern mitten im Weg steht. Erst das Netz verrät mir später, warum es bisher niemand gewagt hat, sie zu fällen: Es handelt sich schlichtweg um den einzigen Baum der gesamten Stadt, der den Krieg überlebt hat. Vernarbt und verwachsen der Geschichte trotzend, beeindruckt mich dieses Lebewesen mehr als all die rekordlechzenden Beton-Monumente zusammen, die mehr dem Krieg huldigen als zum Frieden zu mahnen.

Moskau, Russland, 23.07.: Endlich auf dem Roten Platz...

...zu stehen und mit dem eigenen Mopped her gefahren zu sein, ist ein extrem cooles Gefühl. Da stört es mich auch nicht, schon nach zwei Minuten wieder von der Polizei fortgejagt zu werden. „Nur ein Foto?“ „Njet!“ Ich knipse aus größerer Entfernung, tuckere dann selig zum Hotel, das ich mir gegönnt habe, und warte auf den Besuch meiner First Lady.

 

Nach vier Tagen in der Metropole fällt es mir schwer, die viel zu oft verdroschene Phrase „Stadt der Gegensätze“ unangetippt zu lassen. Aber wirklich entscheiden, ob ich Moskau jetzt schön oder hässlich, cool oder stressig finden soll, kann ich mich nicht.


Die Moskinnen und Mosken selbst werden ihrem Ruf häufig gerecht. Vielfach haben wir das Gefühl, uns entschuldigen zu müssen, wenn wir etwas bestellen oder kaufen wollen. Ein Lächeln sucht man ebenfalls vergebens auf den meisten Gesichtern. Nicht böse gemeint, erklärt man uns später, sondern hier völlig übliche, über Jahrhunderte gewachsene Skepsis vor dem Fremden. Dann sind da aber auch wieder Menschen wie Alexander, ein super freundlicher Eingeborener, der vor der Kreml-Kulisse für eine Homepage gerade Fotos von zwei Moppeds schießt und ganz aus dem Häuschen ist, mich und mein Krad auch ablichten zu dürfen.

 

Architektonisch allgegenwärtig ist der Sozialismus. Auch hier wieder mit zweierlei Wirkung. Die Hochhausgebirge rund um den Stadtkern versprühen deprimierend-apokalyptischen Charme. Da, wo die Sowjets Prunk zuließen, sind die Bauten hingegen beeindruckend. Das gilt vor allem für die Metro. Bis zu 84 Metern unter der Stadt liegend und mit den angeblich weltweit längsten Rolltreppen, sind einige Stationen des Innenstadtrings derart prachtvoll verziert, dass man sich in königlichen Gemäuern wähnt. Monumentalmosaike, weißer Marmor und Kronleuchter zeigen, wie Stolz die Russen 1935 auf ihre neue Untergrundbahn waren.

 

Auf den überirdischen Adern der Stadt herrschen ebenfalls stolz getriebene Cayenne, Hummer, Q7, X6 und überhaupt gerne BMW, meistens in der M-Version. Und die Russen sind die Ersten, denen ich abnehme, solche Boliden auch wahrhaftig zu brauchen. Als unverzichtbares Statussymbol, klar, aber vor allem, um die Herrschaftsansprüche auf dem Asphalt physisch durchsetzen zu können. Halbwegs gesittet geht es nur zu, wenn gerade zufällig ein Streifenwagen in der Nähe ist. Falls nicht, herrscht das Recht des Stärkeren. Rollende Totalschäden zeugen davon, dass man das hier ernst meint.

 

 Als ich nach fünf Tagen wieder aus der Stadt rolle, bin ich froh, endlich mal hier gewesen zu sein. Wiederkommen muss ich nicht unbedingt.

Grenze Ukraine - Russland, 17.07.: Schlimmer als Kafka

Noch in voller Freude über die gelungene Reparatur meines Kofferträgers rolle ich unerwartet plötzlich auf die Grenzanlage Ukraine-Russland zu. Sieben Stunden Wartezeit seien zu erwarten, das hatte ich im Vorfeld gelesen, bin aber viel zu guter Dinge, um daran zu glauben, dass der Grenzübertritt heute wirklich lange dauert. Ein Irrtum, wie sich bald zeigen soll.

 

Je näher ich komme, desto deutlicher zeichnet sich die ewig Schlange von Fahrzeugen ab, deren Fahrer ebenfalls passieren wollen. In der Illusion, es gehe bestimmt zügig voran, stell ich mich brav hinten an. Kaum, dass ich den Helm abgenommen habe und der Fahrtwind fehlt, realisiere ich jedoch, wie unfassbar heiß es ist. Erbarmungslos brennt die Sonne auf mich herunter und scheint das Ziel zu verfolgen, mich in meinen Moppedklamotten möglichst schnell gar zu kochen. Also vielleicht doch einfach an der Autoreihe vorbei fahren, wie Panny und Simon (die Krad-Vagabunden, wie sie sich nennen) es mir für eine solche Situation geraten haben? Gleichzeitig fällt mir aber auch deren Geschichte ein, wie sie damit den Zorn der Grenzer auf sich gezogen hatten und erst am Ende des Tages überhaupt wahrgenommen worden waren.

 

Durch viele freundlich weiterwinkende Wartende wird mir diese Entscheidung heute abgenommen. Vorbei an mehr als hundert Fahrzeugen stehe ich bald vor dem ersten Schlagbaum. Der hebt sich für mich und einen Wagen mit russischem Kennzeichen recht schnell, die mit gelb-blauer Flagge bleiben zurück. Am ersten Kontrollposten geht es, wie gewohnt, noch recht locker zu: statt für meinen Kofferinhalt interessieren sich die Uniformierten für jedes Detail zu meinem Krad. Nur einer mimt den Spielverderber und fragt nach, wo im Fahrzeugschein denn eigentlich die Farbe des Motorrades vermerkt sei. Er scheint durch die offensichtliche Lackierung misstrauisch geworden zu sein. Zum Glück gibt es im Schein keinen Eintrag zur Originalfarbe und nachdem ich die Umstehenden mit der angeschraubten Fahrradtröte zum Lachen gebracht habe, ist die Stimmung wieder entspannt. Dieses Customizing hätte sich also schon mal gelohnt.

 

Auf russischer Seite lacht niemand mehr. Die Gepäckkontrolle fällt bei mir zwar gründlich aus, ist im Vergleich zu der Durchsuchung der ukrainischen Reisenden jedoch recht harmlos. Ich sehe Familien, die den gesamten (!) Wageninhalt aus- und wieder einpacken dürfen.

Bis hierher bin trotzdem ich noch guter Dinge, fülle gerne die Immigration-Card aus und zeige bereitwillig jedem meinen Pass, der ihn sehen will. Und das sind wieder einmal viele. Dann rücke ich zum Zoll vor. Offensichtlich muss ich hier noch ein Formular ausfüllen. Selbstredend vollständig in Russisch verfasst, denn wer kann an einer Grenze schon mit Ausländern rechnen!? Meine bescheidenen Russischkenntnisse sind hier nichts mehr wert. Einer der zuständigen Beamten will mir weder helfen noch meine Papiere annehmen, stattdessen redet er auf zwei Moldawier ein. Als einer der beiden nach meinen Papieren greifen will, zucke ich zurück. Vertrauenserweckend sieht der nicht aus. Erst spät begreife ich, dass er mir helfen will und mache mich mit ihm zusammen an die mühselige Arbeit. Ohne dass wir eine Sprache teilen würden, schaffen wir – nein, schafft er es – das Formular auszufüllen. Er winkt seinem Kumpanen zu, er möge das nächste holen. Zweitausfertigung.

Nachdem das geschafft wäre, gebe ich die beiden Zettel ab … und erhalte ein neues Formular. Wieder bin ich aufgeschmissen und auf die Hilfe des anderen Reisenden angewiesen. Jetzt heißt es warten, bis die Dokumente geprüft sind. Dass so viele Autos und Kleinbusse im Wartebereich vor mir stehen, verheißt nichts Gutes. Ich vertreibe mir die Zeit damit, meine fluchenden und verzweifelnden Leidensgenossen zu beobachten und ihnen von Zeit zu Zeit ein aufmunterndes Lachen oder wissendes Augenrollen zuzusenden. Es bedarf keiner Sprache, um sich darüber zu verständigen, was man von dem teils schikanösen Gebaren der russischen Grenzer hält.


Endlich, nach über einer Stunde, tritt ein Uniformierter auf mich zu, der verblüffende Ähnlichkeit mit Tom Gerhardt aufweist. Das Lachen, das sich seinen Weg aus der Bauchgegend nach oben arbeitet, bleibt auf halbem Wege stecken, als er mir erläutert, dass meine Dokumente nicht korrekt seien. Normaaal, weil: Meine Namen sind das Problem. Während mein Pass mich Jonas Tobias nennt, spricht der Fahrzeugschein lediglich von Tobias. Es war so absehbar wie der Kater nach dem Picheln, dass das irgendwann mal passieren würde. Nur meine Eltern wissen, warum sie mich zwar Jonas Tobias genannt, aber immer nur Tobias gerufen haben. Der Zweit- als Rufname, das ist schräg, da muss ich dem komischen Russen zustimmen. Man könnte meinen, dass nun eine einfache Änderung auf dem Formular ausreichen würde, um das zu klären, aber da habe ich die Rechnung ohne den Menschen im Zollbüro gemacht. Neu ausfüllen. Beide Zettel. In Ermangelung eines helfenden Moldauers begebe ich mich nun also allein auf die abenteuerliche Reise durch den kyrillischen Buchstabenwald und habe alle Mühe dabei.

Nach erneuter Wartezeit, die der ersten in nichts nachsteht, freue ich mich, als ein anderer Zollbeamter mir die Zettel zurückgibt. Zu früh. Ich habe über den Rand geschrieben, zeigt er mir, und außerdem falsch geschriebene Buchstaben durchgestrichen. Neu ausfüllen. Beide Zettel. Jetzt ist der Zeitpunkt meiner persönlichen Grenzerfahrung gekommen. In mir brodelt es. Aber so richtig. WENN hier einer irgendjemanden auf schlechte Sorgfalt und Rechtschreibung hinweist, dann bin ich das, verdammt nochmal! Ich habe eine Vision, in der ich den Mann mit der lächerlichen Mütze vor mir langsam und qualvoll mit meinem heimischen Rotstift tätowiere.

 

Man scheint mir diese Fantasien anzusehen, denn Tom Gerhardt kommt auf mich zu, schaut mich an, seufzt und füllt sie für mich aus. Beide Zettel. Dass seine Schrift in meinen Augen völlig unleserlich ist, lasse ich als Randnotiz so stehen.

Endlich. Nach 3 Stunden kafkaesken Spießrutenlaufes halte ich wahrlich und wahrhaftig alle gestempelten Zettel, Formulare und Dokumente in der Hand, die ich zur Einreise brauche.

 

Als sich der letzte Schlagbaum hebt, unterdrücke ich mit aller Kraft den Gedanken daran, dass ich insgesamt drei Mal nach Russland ein- und ausreisen möchte.

Ukraine, 17.07.: Nach fest kommt lose...

…sagt mein Dad gern, wenn ich mit dem Schraubenschlüssel etwas zu motiviert zu Werke gehe. Dass er damit – wie so oft – Recht hat, muss ich feststellen, als ich abends die Schrauben am doch arg belasteten Kofferträger anziehen will. Komm, ein bisschen fester noch, ja…, ja…, NEIN! So schnell brechen die Dinger also.

 

Hier im Maisfeld bei Dämmerung kann ich nicht mehr tun, als ziemlich blöd zu gucken und muss mit dem unguten Gefühl ins Zelt kriechen, ein echtes Problem zu haben. Die Schraube war verdammt wichtig für die Statik. Mit schiefen, wackelnden Koffern brauche ich den Weg nach Moskau gar nicht erst anzutreten.

 

Am nächsten Morgen befrage ich mein Navirakel nach der nächsten Autowerkstatt. 20 Kilometer, das sollte machbar sein. Am vermeintlichen Ziel angelangt, finde ich aber nichts dergleichen. Vielleicht bereits Geschichte. Ich will bereits unverrichteter Dinge von dannen tuckern, da entdecke ich eine zerfledderte Fahne, die für Motoröl wirbt. Dahinter tatsächlich eine Garage, in der offenbar geschraubt wird. Auch wenn mein feiges Ich mir in diesem Moment zig Ausreden auftischt, warum es keinen Sinn hat, das hier weiter zu verfolgen, zische ich ein „Halt die Klappe, wir probieren das jetzt“ in den Helm und rolle langsam auf den Hof voller Schutt, Unrat und leerer Öldosen.

 

Der Blick ins Innere zeigt, dass es sich hier wirklich um einen kleinen Schraubertempel handelt. Die Wände voller Werkzeug, ein betagter Bastelguru und sein Jünger bei der Arbeit und in der Ecke sogar ein Motorrad. Bingo! Ich werde zunächst ignoriert, weiß aber aus der Heimat, dass dies in Werkstätten zum guten Ton gehört und werte es als Zeichen, dass man hier etwas auf sich hält.


Schließlich nimmt sich der Jüngere von beiden doch meiner an. Ich zeige ihm den abgebrochenen Verräter, nuschle etwas von „Problem“ und „kaputt“ (selten war ich sprachlich inspirierter als vor mürrischen Ukrainern) und zeige ihm dann meinen Kofferträger. Der Meister kommt hinzu und begutachtet die Sachlage eingehend. Ich versuche mich einzubringen und trage pantomimisch vor, wie man den Schaden beheben könnte. Mit nur einer Kopfbewegung schmettert der Alte diesen Vorschlag ab. Nein, so also nicht. Die beiden schütteln für meinen Geschmack ohnehin viel zu viel mit dem Kopf und meine Hoffnung schwindet zusehends.

 

Da bedeutet mir der Geselle, der Chef müsse erst immer alles genau durchdenken und würde das dann schon machen. Und so kommt es dann auch. Er kramt diverse Schrauben und Muttern aus den Tiefen seines Tempels, die zur Reparatur in Frage kommen. Mit der frohen Gewissheit, endlich auch einen sinnvollen Beitrag leisten zu können, reiche ich ihm strahlend das perfekte Gewinde entgegen. Nein, die auf gar keinen Fall, sagt er wortlos, und geht wieder zu Werke.

 

Schließlich gebietet er mir, die Batterie abzuklemmen. Schweißen will er also! Sehr gut. Der Rest ist in wenigen Minuten erledigt. Statt sich um das ursprüngliche Gewinde zu kümmern, in dem immer noch der Rest der alten Schraube lungert, schweißt er einfach eine Mutter davor und setzt eine kürzere, neue Schraube ein. Fertig. Bombenfest.

 

Ich strahle über das ganze Gesicht, danke ergebenst und biete seiner Exzellenz 10 Euro an, die er emotionslos schulterzuckend annimmt. Dann, nach kurzem Nachdenken, fischt er aber die Zigarette aus seinem Mundwinkel und erwidert mit breitem Grinsen: Ssänkju!. Ich lasse noch meine restlichen ukrainischen Scheine auf der Werkbank liegen und fahre mit dem großartigen Gefühl Richtung Grenze, dass sich am Ende eben doch alles fügt. 

Ukraine, 16.07.: Wegelagerer

Auf den vielen Kilometern über ukrainische Schnellstraßen hatte ich das latente Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Nur was? Eigentlich bekam ich hier alles geboten, worauf ich spekuliert hatte: Alte Männer, die volltrunken mit dem Fahrrad über die Autobahn schlängelten, waren hier ebenso zu bewundern wie museumsreife Autos russischen Fabrikats, gern ohne Licht und Windschutzscheibe unterwegs und nur noch von der Farbe zusammengehalten. Ebenfalls Heerscharen von Schwarzmarktständen am Straßenrand, die von der Gurke bis zum Diesel alles Mögliche feilboten.

 

Irgendwann überholte mich ein Polizeiwagen und mir wurde schlagartig klar: Noch kein einziger Uniformierter hatte bisher versucht, mich um mein Geld zu erleichtern. Dabei hatte ich schon so viele Geschichten darüber gehört und erst kürzlich im Netz gelesen, unter 300,- an Strafzetteln sei die Ukraine nicht zu durchqueren. Ich war fast ein wenig enttäuscht. Zu Unrecht, wie sich bald herausstellen sollte.

 

Etwa 100km hinter Kiew blendet ein entgegen kommendes Fahrzeug plötzlich auf. Landläufig eine gängige Warnung vor der Miliz, die gerne hinter Büschen auf Kundschaft lauert. Im gleichen Moment sehe ich auch schon den Streifenwagen auf der Gegenspur und bremse instinktiv ab. Im Rückspiegel erkenne ich, wie die Herrschaften eine Kehrtwende hinlegen und mir zeigen, wie schön ihr Blaulicht leuchten kann. Nachdem nicht mehr zu ignorieren ist, dass sie mich meinen, lasse ich ausrollen. 

 

In dem Moment kommt mir ein Tipp von Erik in den Sinn, einem erfahrenen Motorradreisenden, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat: „Immer dumm stellen und freundlich bleiben!“, sagte er zu mir. Ersteres ist mir naturgemäß noch nie schwer gefallen, das Zweite allerdings schon. Autoritäre Beamte oder gar polizeiliche Willkür gehören zu den wenigen Dingen, die mich richtig zum Brodeln bringen. In dieser Situation aufbrausend zu werden, wäre aber sicherlich die falscheste aller Reaktionen.

 

Also versuche ich, es sportlich anzugehen: Mögen die Spiele beginnen! Man verlangt meine Papiere und gibt mir zu verstehen, ich sei zu schnell gefahren. 85 statt 50 km/h (was Unfug ist). Ich händige meinen Führerschein aus und nicke zustimmend, während die zwei Beamten mir die Verkehrsregeln erläutern. Als es um ein konkretes Vergehen und das entsprechende Bußgeld geht, habe ich aber leider akute Verständnisprobleme. „50,-€“, schreibt der Ältere der beiden auf einen Zettel und kritzelt die Zahl sogleich wieder weg, damit man ihm später nichts nachweisen kann.

 

Um die nun recht konkrete Forderung zu umgehen, versuche ich mich an der Ablenkungstaktik. Ich erkläre wo ich herkomme und hin will, unterstreiche meine Ausführungen, indem ich meine Kamera hole, Bilder von Kiew zeige und ihm einen meiner Aufkleber schenke. Hier steigt der jüngere Polizist bereits aus und winkt sich ein anderes Opfer zu Seite. Zum fulminanten Höhepunkt meiner Darbietung erzähle ich dem anderen davon, in Moskau bald meine Freundin zu treffen, präsentiere ihm ein Bild von uns beiden und stelle ihre Anreise szenisch dar, indem ich mich mit ausgestreckten Armen im imaginären Wind hin und her wiege, während ich die Geräusche eines startenden und landenden Flugzeugs imitiere.

 

Er lächelt. Und zeigt mir im Gegenzug ebenfalls etwas. Und zwar den ukrainischen Bußgeldkatalog sowie ein Video von mir (in Frontansicht), dessen Beweiskraft sich darin erschöpft, dass es unumstößlich meine Anwesenheit auf der Straße belegt. „Jonas, Jonas, Jonas“ zitiert er den weniger Gebräuchlichen meiner Vornamen, wiederholt dann mantraartig die Wörter „Speed limit“ und „Strafe“ und tippt dabei auf meinen Führerschein.

Der Kerl ist hartnäckig. Mir wiederum gehen die Ideen aus. Aber noch gebe ich mich nicht geschlagen. Sein letztes „Speed limit“ greife ich auf, indem ich mit dem Kopf schüttle, zum Mopped laufe, auf den Gepäckberg zeige und - wiederum lautmalerisch - die rasenden Autos und das unter dem Gewicht ächzende, langsam tuckernde Krad beschreibe.

 

Ich weiß nicht, ob ihn meine Vorstellung derart begeistert, oder, was wahrscheinlicher ist, so genervt hat, dass er das Handtuch wirft, doch plötzlich reicht er mir den Führerschein, gebietet mir, in Zukunft langsamer zu fahren und weist seinen Kollegen an, einzusteigen. Da stehe ich nun, mit einem Grinsen, das Farin Urlaub Konkurrenz machen könnte... und wundere mich über mich selbst.

Kyiv (Kiew), Ukraine, 15.07.: Marschieren am Maidan

Während ich schreibe, klingt Militärmusik bis in das Zimmer im Dachgeschoss direkt am Majdan Nesaleschnosti, oder Maidan-Platz, wie man ihn aus den Nachrichten kennt. Kurze Stille, dann Schlachtrufe des rechtsextremen, nationalistischen Asow-Bataillons, das eine Trauerfeier unter dem Unabhängigkeitsdenkmal der Ukraine nutzt, um seine Flagge zu zeigen.

Darauf prangt der Name A3OB, nach dem Asowschen Meer neben der Krim, darunter das schon von der Waffen-SS genutzte und in Deutschland verbotene Zeichen der Wolfsangel, dahinter die Schwarze Sonne, diesmal in weiß.

Nicht nur geduldet, sondern unter Vertrag und ausgestattet von der ukrainischen Nationalgarde stellen sie ihren Stolz, an so prominenter Stelle aufmarschieren zu dürfen, unverhohlen zur Schau. Ebenso wie ihre Tattoos, die in ihrer Symbolik der Flagge in nichts nachstehen.

Warum sie hier marschieren und nicht an die Front im Osten, frage wohl nur ich mich.

 

Es ist spannend, mitten drin zu sein in der Zeitgeschichte. Nachrichten über Gefechte zwischen dem Rechten Sektor und den Regierungstruppen in der Westukraine hatten mich bei der Ankunft erreicht. Das erklärt die Militärposten in den Karpaten.

 

Und auch hier auf dem Maidan sind die Erinnerungen an die Kämpfe noch allgegenwärtig. Bilder der Toten in langen Reihen, an jeder Ecke Mahnmale, gebaut aus Pflastersteinen und arrangiert mit Stacheldraht sowie den einfachen Metallschilden und Bau-Helmen der Aufständischen.

 

Die meisten Gebäude sind bereits wieder herausgeputzt als wäre nie etwas geschehen. Doch ein zentrales Bürogebäude ist bisher nur provisorisch mit riesigen Bannern bedeckt. „Slava Ukrayini! Heroyam slava!“, steht darauf. „Ruhm der Ukraine, den Helden Ruhm!“.

Lviv (Lemberg), Ukraine, 14.07.: "Wir hassen die Russen"



...das lässt mich ein älterer Mann wissen, der mich wegen meines Nummernschildes auf Deutsch angesprochen hatte.

Wir plaudern ein wenig über seine Herkunft, dann wird es ernster, es geht um den Krieg im Osten und den völlig durchlöcherten Kleinbus, der ein paar Meter weiter steht. Junge Freiwillige hatten darin gesessen, als sie beschossen wurden. Real vor Augen zu haben, was Kugeln und Granaten anrichten, ist harte Kost.

Zum Schluss will der freundliche Opa noch wissen, wo es für mich noch so hingeht. Als ich Russland erwähne, verdreht er die Augen. „Sei vorsichtig, Junge, die sind alle korrupt!“ Nach kurzer Pause fügt er verschmitzt an: „Na gut, das sind wir hier auch.“

Ukraine, 13.07.: Tschüss Urlaub, Dóbrryi den´ Abenteuer!

Bereits am Grenzübergang Slowakei-Ukraine wird mir klar, dass die Dinge von jetzt an ein bisschen anders laufen. Während der slowakische Beamte noch recht unmotiviert an meinen Taschen herumdrückt, beweist sein Kollege auf der anderen Seite ukrainische Gründlichkeit. Ich öffne geduldig meine Koffer und erkläre ihm gerne mit Händen und Füßen den Nutzen der einzelnen Sanitär-Utensilien. Nachdem 5 verschiedene Menschen meine Dokumente geprüft haben, darf ich passieren.

 

 

Endlich in der Ukraine angelangt, finde ich mich in einer anderen Welt wieder. Die Schriftzüge kyrillisch, Tiere jeder Couleur recht selbstständig auf den Straßen der urig-schönen Dörfchen unterwegs, die Luft von den Holzöfen würzig und schwer. 

 

 

Die Straßen werden immer schlechter, bis sie diesen Namen nicht mehr verdienen. Die Schlaglöcher werden zu Schlaggruben, bis jeder, der motorisiert unterwegs ist, den Straßengraben der „Nationalstraße“ vorzieht. 

Spaß macht er schon, der Grubenslalom, aber er bringt mich mehr als einmal in gefährliche Situationen. Nicht nur die Löcher selbst können zum Sturz führen, besonders heikel sind die völlig unkalkulierbaren Ausweichmanöver der entgegen kommenden Fahrzeuge. Hier bleibt niemand in seiner Spur. Unmöglich.

Spannend wird es auch, als die Straße sich zu einem Pass erhebt.

Am Horizont taucht ein Militärposten auf, plötzlich sehe ich mich von schwer bewaffneten Soldaten umgeben. Die Worte „Turist“ und „Nimjezki“ sind offensichtlich die korrekten Pass-Wörter.

Beim zweiten Posten bin ich schon entspannter und traue mich, heimlich zu filmen.

Endlich wieder im Tal angelangt, sieht man uns beiden die Strapazen an. Der Rückspiegel datiert mich zehn Jahre älter, am Mopped muss ich erst diverse verrutschte Gepäckstücke neu verzurren.

Ich entscheide mich daher für die dekadente Variante und suche mir in Lemberg kurzerhand ein Hotel. 

Duschen, Akkus laden, in Ruhe die Stadt besichtigen und entspannt ein Bier schnüffeln, alles Pro-Dekadenz-Argumente. Gegenstimmen kann ich aufgrund der Motorlärm-Taubheit leider nicht mehr hören. 

Slowakei, 12.07.: Zeichen und wundern

Auf dem Weg von der Slowakei in Richtung der ukrainischen Grenze stehe ich plötzlich vor russischen Panzern. Was die Befreier von damals feiern soll, ist heute unfreiwilliges Mahnmal der Besatzung. Das ist es, was ich so an der Geschichte mag: ihre erbarmungslose Ironie.

Ich fahre etwas nachdenklicher weiter und entscheide mich, erst am nächsten Tag die Grenze zu passieren.

Hohe Tatra, Slowakei, 9.7.: Heiße Reifen und kalte Ohren.

Nach schönen Touren durch Südost-Deutschland und Tschechien, inklusive ausgiebigem Pils- und Goulasch-Schmaus in Pilsen sowie Stippvisite in Prag, bin ich mittlerweile in der Slowakei angekommen.

Zum Fuße der hohen Tatra fand sich spontan ein wunderschöner Platz zum Wildcampen. Als wollte sie beweisen, dass sie zwar recht klein, aber dennoch ein echtes Hochgebirge ist, empfing mich die Tatrige recht ruppig: Nachts sank das Thermometer geradewegs auf den Gefrierpunkt zu, sodass mein Schlafsack direkt mal zeigen konnte, was er drauf hat. Passt.

 

Den zweiten Tag hier nutze ich als kurze Regenerationspause und perfekte Gelegenheit, dem Krad nach vielen Kilometern geradeaus endlich ein paar anständige Kurven zu servieren. 

 

Morgen geht´s dann auch schon Richtung Neu-Russ..., ähm, Ukraine. Spannend!

Köln, 7.7., 11 Uhr 11: GO!!!


Als plötzlich eintritt, worauf ich seit 5, ach was, 15 Jahren sehnsuchtsvoll warte, fühlt es sich zunächst so an, als würde mir zu früh zum Geburtstag gratuliert. Dass der große Tag genau heute sein soll, kann ich nicht fassen.


Bei der fulminanten Abschiedsparty drei Tage zuvor konnte ich mich ausgiebig von meiner Family und den besten Freunden verabschieden; eine Delegation sehr, sehr lieber Menschen zelebriert mit mir sogar noch die Abfahrt am Dom.

Freude und Trauer gehen auf einander los und lassen mich verdutzt daneben stehen.

Noch ein Schluck Kölsch, dann rauf auf´s Kölsche Krad. 


Go!!!

 

Köln, Mitte Juni: Es wird ernst

Da ist das Ding.

Der Reisepass ist zurück und um zwei Visa reicher: Russland und Kasachstan.

Theoretisch kann es jetzt also losgehen und der Tourstart wird damit plötzlich greifbar und erschreckend real. Noch 2,5 Wochen.

Nervosität? Panik? Unsinn. Ich gehe höchst professionell mit der Situation um und denke einfach nicht weiter darüber nach. Lalalalalalaaaaaaaaaaaaaa!